Das Instrument steht in einem kleinen Raum, treppauf, Hinterhaus, Große Bäckerstraße. Das Instrument, das ist der DJ-Controller. Er besteht aus zwei Decks bzw. Plattentellern, dazwischen eine Menge Regler. Hier hinten oben residiert EXC Events und produziert verknappt gesagt „Beats per minute“, Elektro-Musik für Partys. Die aber sind seit einem Jahr stillgelegt und wann wieder in großen Gruppen getanzt werden darf, weiß die hässliche Corona. Trotzdem geht was – per Livestream. „Wir sind die Sternschnuppe, die verzaubert“, schreibt die junge Firma EXC auf ihrer Homepage. „Ohne Corona wären wir nicht da, wo wir jetzt sind“, sagt Lukas Benz.
Die Pandemie hat EXC beflügelt, Kreativität zahlt sich aus. EXC steht für Excess und meint den Überfluss, den Rausch des Tanzens. EXC, das sind neben Benz noch Marek Gerlach und Pascal Griesel. Alle drei sind Anfang 20, haben eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann absolviert, lernten sich auf der Berufsschule in Hamburg kennen, merkten, dass sie ähnlich ticken. Der eine ist auf Technik, der andere auf Booking, der dritte auf Künstlerisches spezialisiert. Der Mix passt.
Lukas Benz hat seinen Beruf in Lüneburgs letzter Großdisco Garage gelernt. Die Garage schloss Ende Oktober für immer, ohne eine letzte Party. Benz hatte dort schon als Schüler aufgelegt. Für zwei sehr gegensätzliche Party-Formate stand EXC in der Disco. Unter dem Titel „Generation-Z“ lief Pop aus den 2000er Jahren – „unsere bestbesuchten Veranstaltungen“.
Harder.Faster.Better
Aber stärker steht das Team hinter „Harder.Better.Faster“. Der extrem tanzfähige Elektro-Mix wird zugleich in „eine dystopische Geschichte über die Menschheit und den Planeten Erde“ eingebunden. Ein Party-Kapitel hieß „Global Infection“, das war im Februar 2019. Ein Jahr später verseuchte Corona die Welt. Das bisher letzte Kapitel – „Scrap City“ (Schrotstadt) – lief im Sommer 2020 auf den Sülzwiesen beim „Lüneburg lebt“-Festival. Allerdings war kein Tanz-Exzess möglich, vor der Bühne standen Autos …
Zu dem, was jetzt geht, passte der Sitztanz. Denn zurzeit produziert EXC eher Musik zum Zuhören als zum Tanzen. „Nichts machen ist keine Option, das war uns schnell klar“, so Lukas Benz. Hin und her und dann kam die Idee, auf der Plattform des Wasserturms mit drei DJs eine Show aufzuziehen. Es gab grünes Licht, das Publikum wurde von Kameras ersetzt, der Stream landete in einschlägigen Portalen (Facebook, YouTube). Mit Resonanz: „Wir merkten, da geht was“, sagt Lukas Benz.

Den Fuß in der internationalen DJ-Szene
Andere streamen Shows aus leeren Discos, das EXC-Team setzt auf „Locations mit Atmosphäre“. Das kommt an. Sie drehten in den Beelitz-Heilstätten bei Potsdam, die als Filmkulisse beliebt sind, zum Beispiel für Polanskis „Pianist“. EXC realisierte eine Folge ihrer #behindtheshow“-Serie auf dem Baldeneysee in Essen, eine im Landschaftspark Duisburg, eine auf Burg Rheinfels bei St. Goar.
Mittlerweile bewegt sich EXC in der internationalen DJ-Szene. Wiederholt drehten sie mit bzw. für DJ Blasterjaxx, einem weltweit operierenden DJ aus den Niederlanden mit Schwerpunkt auf Electro-House, genauer Big-Room und Future-Bass – die Szene weiß, was das ist, ähnlich so wie der Klassikfreund Romantik und Spätromantik trennen oder der Metal-Freak Death- und Thrash-Metal unterscheiden kann.
EXC sieht sich als Medien-Agentur. Die drei von der Klangstelle betreuen Künstler, betreiben Booking, realisieren Shows von Kunden, bauen die Bühne, sorgen für das Design, stellen die Technik ein, lassen Kameras und Drohnen kreisen, schneiden das Material und was noch nötig ist. Der größte Auftrag bisher kam von Blasterjaxx: eine einstündige Reise in eine virtuelle Welt, produziert für den asiatischen Markt.
Das Stream-Geschäft hat in der Corona-Zeit mächtig Fahrt aufgenommen. EXC sitzt, so scheint es, vorn auf der Lok. Und so elektronisch die Musik ist, die sie in Szene setzen, so digital die Technik, die sie einsetzen, so analog sind die Momente gegen den Stress. Auf dem sonst ziemlich nackten Tisch im Büro liegt ein Treckerquartett.

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