Bis zu den Wolken. Dann ist Schluss. In welcher Höhe, hängt allein vom Wetter ab. Und auch sonst spielen thermodynamische Zustandsgrößen und atmosphärische Zirkulation eine ganz entscheidende Rolle, machen den Reiz des eleganten Hobbys aus, dem auch Luca Rocholl seit ihrer Kindheit verfallen ist: „Segelfliegen – das ist ein Spiel mit den Aufwinden, das ist ein Sport, bei dem man ständig gefordert ist, die richtige Entscheidung zu treffen, bei dem Stillstand ein absolutes Tabu ist, ein Erlebnis, das man ganz allein genießt und sich dabei doch in einer tollen Gemeinschaft bewegt“, sagt die 25-Jährige. Und die muss es wissen.
Weltweite Verbundenheit
Schon als Baby hat sich die gebürtige Schleswig-Holsteinerin auf dem Flugplatz vergnügt: „Mein Vater fliegt selber und hat mich immer mitgenommen, ich bin dort quasi aufgewachsen“, sagt die junge Frau und lacht, „da war der Weg wohl schon geebnet.“ Sie ist ihm gefolgt – und hat es nie bereut: „Es ist ein Hobby, das Menschen weltweit verbindet“, sagt die Studentin, die im Anschluss an ihr Abitur einige Zeit in Südafrika und Ozeanien verbrachte: „Nach einigen Anlaufschwierigkeiten bin ich in Australien und Neuseeland irgendwann nur noch von Flugplatz zu Flugplatz gereist und überall herzlich aufgenommen worden.“ Wie in Lüneburg. „Meinen Studienort habe ich mir tatsächlich auch nach der Möglichkeit meines Sports ausgesucht“, sagt die 25-Jährige, die an ihrer neuen Wahlheimat zweierlei besonders schätzt: den sehr intakten Verein,„ in dem ich von Anfang an willkommen war“, und die Lage. Über den Geestrücken entlang der Elbe in die Mecklenburgische Seenplatte oder ein Ausflug in die Heide: „Die Thermik ist hier doch viel besser als im Land zwischen den Meeren“, sagt sie, „da kommt man schonmal auf über 2000 Meter Höhe.“ Wenn man weiß, wie.
In der Luft halten
Das hat Luca Rocholl vor mittlerweile elf Jahren gelernt: Mit 14 hat sie die Ausbildung für ihren Flugschein begonnen, hat mit 17 dann die Prüfung gemacht. „Das läuft in etwa so wie beim Führerschein für das Auto“, erklärt sie, „man sitzt selbst am Steuer, der Fluglehrer hinter einem mit den identischen Geräten und der Möglichkeit, einzugreifen, wenn vonnöten.“ Der Start erfolgt mittels einer Winde, die das leichte Flugzeug in die Höhe zieht und bei etwa 350 Metern ausklinkt. Dann ist die Pilotin gefordert: „Ich muss die richtige Thermik finden, denn die hält mich in Bewegung und damit in der Luft.“
Ohne Motor fliegen
Ein Segelflugzeug setzt seine Flughöhe in Flugstrecke um – solange, bis die Höhe verbraucht ist und neue getankt werden muss. Erst in dem Moment, in dem keine geeignete Thermik mehr zu finden ist, muss es final landen. Bei optimalen Wetterlagen sind in Norddeutschland Flüge von über 1000 Kilometern möglich, können die Piloten bis zu zehn Stunden in der Luft sein – ganz ohne Motor. Verglichen werden können die Leistungen in einem Ligasystem – das spielt für die Studentin der Umweltwissenschaften aber eine untergeordnete Rolle, obwohl sie auch an Wettbewerben teilnimmt. Ein eigenes Flugzeug steht ihr dafür dank ihres Vaters zur Verfügung, ist aber keine Voraussetzung: Der Verein hält einige für seine Mitglieder bereit.
Segelfliegen – das ist ein Spiel mit den Aufwinden, das ist ein Sport, bei dem man ständig gefordert ist, die richtige Entscheidung zu treffen, bei dem Stillstand ein absolutes Tabu ist.Luca Rocholl
Ohne diesen, das weiß die 25-Jährige, geht es nicht: „Segelfliegen ist bei allem auch ein Gemeinschaftssport, bei dem viele Hände helfen müssen, damit man ihm nachgehen kann.“ Sie sorgen dafür, dass die Flugzeuge gewartet werden, dass der Flugbetrieb überwacht und die Piloten in die Luft gebracht werden. Und sie kümmern sich um die Sicherheit – wie Luca Rocholl, die für das Packen der Rettungsschirme zuständig ist, denn auch wenn diese nach der Ausbildung keine Vorschrift an Bord sind, werden sie doch von allen genutzt. Zum Glück: Vor einigen Jahren stießen über Lüneburg zwei Maschinen zusammen, weil sie sich nicht gesehen hatten. Der Schirm rettete Leben. Grundsätzlich aber, und davon ist die Wahl-Lüneburgerin überzeugt, ist ihr Sport nicht gefährlich. Und davon will sie künftig auch andere überzeugen: Demnächst startet sie ihre Ausbildung zur Fluglehrerin.