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In Balance

von Ute Lühr
Erschienen: Zuletzt aktualisiert:

Du bist, was Du isst“ heißt es. Das bedeutet aber nicht, dass wir bei übermäßigem Steakkonsum automatisch zu Rindviechern werden oder bei rein veganer Ernährung irgendwann als Lauch enden. Dass alles das, was den Weg in unseren Magen findet, Auswirkungen auf unser körperliches Befinden und damit letztlich auch auf unsere Psyche hat, ist aber wohl unbenommen. Doch was tut uns gut und wie viel davon? Sind die Ernährungstrends, die mittlerweile so jährlich wechseln wie die Mode, sinnvoll? Was ist speziell in Wachstumsphasen wichtig und was beim Sport? Ökotrophologin Antje Ziemann hat Antworten. 

Frau Ziemann, Sie beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit dem Thema Ernährung. Was halten Sie von den sich ständig ändernden Strömungen aus der Welt der Nahrungsmittel? 
Antje Ziemann: Letztlich hat jeder Trend irgendwo eine Berechtigung, ob es nun der Verzicht auf übermäßige Fette oder Kohlenhydrate ist – sogar das derzeit angesagte Intervallfasten ist für manche Menschen durchaus sinnvoll, wenn sie denn abnehmen wollen. Es gibt eben einige, die sich besser mit mehreren kleinen Mahlzeiten über den Tag helfen, und andere, die zu wenigen bestimmten Zeiten lieber viel essen und dann die übrige Zeit auf Nahrung verzichten. Wer aber mit sich zufrieden ist, der benötigt keinen Trend. Der muss sich nur ausgewogen ernähren.

Und wie macht man das?
Antje Ziemann: Eine ausgewogene Ernährung lässt sich am besten mit der Ernährungspyramide beschreiben, die vom Bundeszentrum für Ernährung herausgegeben wurde und der eigentlich jedes Kind in der Schule einmal begegnet sein sollte.

Was sagt die aus?
Antje Ziemann: Die Ernährungspyramide beschreibt mithilfe eines Schaubilds den ausgewogenen Nährstoffmix mit der richtigen Energiedichte, also kurz das, was an Nahrungsmitteln in großen, was in eher kleinen Mengen pro Tag oder aber Woche aufgenommen werden sollte. Beispielsweise soll man mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse täglich essen, Fleisch, Fisch und Eier aber nur zwei- bis dreimal wöchentlich. Eine Portion entspricht dabei einer Handvoll – also entsprechend der Körpergröße bei Kindern weniger als bei Erwachsenen.

Gilt das auch für den Sport?
Antje Ziemann: Grundsätzlich schon. Allerdings kommt es hier natürlich auf die Intensität an. Wer auf Leistung trainiert, muss seine Ernährung darauf einstellen, sonst bleibt der Körper irgendwann auf der Strecke. Doch auch der Breitensportler sollte einiges beachten.

Zum Beispiel?
Antje Ziemann: Bei körperlicher Betätigung gehen dem Körper durch Anstrengung und Schwitzen Nährstoffe verloren, vor allem an Vitaminen und Mineralstoffen besteht ein Mehrbedarf, der gedeckt werden sollte. Wer Ausdauersport betreibt, sollte auf viel Gemüse, Obst, eiweißreiche Lebensmittel und komplexe Kohlenhydrate wie beispielsweise Haferflocken zurückgreifen. Auch gesunde Fette sind in Maßen wichtig. Wer indes Muskeln aufbauen möchte, sollte unbedingt auf ausreichend Proteine achten. 

Entscheidet neben dem Was denn auch das Wann?
Antje Ziemann: Auf alle Fälle. Vor dem Training sollte eher ein kohlenhydratreicher Snack gegessen werden, um die Energiespeicher für die anstehende Belastung zu füllen. Die gute alte Boris-Becker-Banane ist da sehr gut geeignet, wer einen noch schnelleren Energieschub benötigt, sollte auf Traubenzucker zurückgreifen. Der geht sofort ins Blut. Nach dem Sport hingegen helfen Proteine, also Eiweiße, bei der Regeneration.

Und aus welchen Lebensmitteln bekomme ich diese?
Antje Ziemann: Ideal sind hier Milchprodukte, Fisch oder aber auch Fleisch: Puten- oder Hähnchenbrust haben beispielsweise einen geringen Fett-, dafür aber einen hohen Eiweißanteil.

Und wer sich vegetarisch ernährt?
Antje Ziemann: Der kann ganz einfach auf Milchprodukte, Nüsse, Tofu oder auch Linsen zurückgreifen.

Apropos Vegetarier: Ist diese Ernährungsform eigentlich auch für Kinder schon geeignet?
Antje Ziemann: Auf alle Fälle. Über Milchprodukte, aber auch Eier kann genügend Eiweiß aufgenommen werden, kritisch könnte es allerdings beim Eisen werden. Dieses ist aber auch in Vollkornprodukten sowie verschiedenen Gemüsesorten wie Rosenkohl, Brokkoli oder Rucola enthalten. Wichtig ist hierbei aber immer, dass der Körper zeitgleich Vitamin C benötigt, um das Eisen aufnehmen zu können.

Und vegan …
Antje Ziemann: … sollte man erst als Erwachsener werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt hier eine ganz klare Empfehlung heraus, die besagt, dass eine vegane Ernährung bei Kindern zu Mangelerscheinungen durch das Fehlen von Vitamin B 12 führen kann. Denn dieses ist ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten.  

Wie sehen Sie grundsätzlich die Ernährungssituation bei Kindern? Sie haben sich ja unter anderem auf Essstörungen auch im Kinder- und Jugendbereich spezialisiert.
Antje Ziemann: Wir können hier unterschiedliche Probleme erkennen, die zum einen auf falscher Ernährung, zum anderen aber auch eine Folge mangelnder Bewegung sind: Corona hat da viel zu beigetragen, hat sich der Nachwuchs doch mangels alternativer Angebote sehr auf die Zeit vor dem Bildschirm konzentriert.

Und wie lässt sich dem nun begegnen?
Antje Ziemann: Einerseits natürlich durch viel mehr körperliche Betätigung – und das auch im Alltag, was für Erwachsene gleichermaßen gilt: Treppe statt Aufzug, Rad statt Bus oder Auto. Ein Schrittzähler ist hier auch sehr hilfreich. Und dann natürlich die Ernährungspyramide beachten. Insbesondere deren Basis, denn die ist durch Getränke definiert, und das wird oft unterschätzt.

Inwiefern?
Antje Ziemann: Ausreichend Flüssigkeit ist für den Körper elementar, besonders natürlich auch beim Sport. Aber grundsätzlich muss genügend getrunken werden, entscheidend ist hier aber auch, was: Wer ständig süße Getränke zu sich nimmt, und das sind nicht nur Limonaden, sondern auch Säfte, der nimmt jede Menge zusätzlicher Energie in Form von Zucker zu sich. Das wird oft aber nicht erkannt.

Und was empfehlen Sie da?
Antje Ziemann: Wasser ist natürlich der beste Durstlöscher, vielen aber auf Dauer zu langweilig. Eine gute Alternative bietet da auch für Kinder ungesüßter, kalter Früchtetee, gelegentlich eine Schorle, die aber nur zu einem Drittel aus Saft bestehen sollte, sowie auch das sogenannte Infused Water: Dabei gibt man in die Flasche Wasser Stücke von Zitrone, Limette, Himbeeren oder Minze. Das schmeckt jedem gut.

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