Kennen Sie noch den Schichtsalat? Ein wahrer Klassiker, der in den 90er-Jahren auf keinem Grillbuffet fehlen durfte. Eier, Kochschinken, Lauch, Mais und Mayonnaise übereinander legen … fertig war der Partysnack. Irgendwann tauchten Wraps auf – in allen denkbaren Variationen. Nicht zu vergessen Quinoa, getrocknete Tomaten, Street Food oder Heißgetränke mit Aroma-Upgrades. Heute sind es Begriffe wie Hybrid Food, Snackification, Food-Pairing oder Low Carb, die uns kulinarisch neue Horizonte erschließen lassen. Trends kommen und gehen. Doch eins bleibt: Die Lust am Essen.
Essen soll Spaß machen
„Essen und Trinken ist viel mehr als die Zufuhr von Nährstoffen, die wir als Fundament für unsere Gesundheit benötigen. Essen soll nicht nur sinnvoll und zweckmäßig sein, es soll auch Spaß machen. Dafür sollte man sich so vielseitig wie möglich ernähren“, sagt Silke Restemeyer, Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). „Auch achtsam zu essen und zu genießen und sich eine Pause für die Mahlzeiten zu gönnen und sich Zeit beim Essen zu lassen, gehören dazu. Gleichzeitig wird auf ausreichend Bewegung Wert gelegt.“ Silke Restemeyer erkennt ein sich veränderndes Bewusstsein seitens der Verbraucher: „Der Trend zu einer pflanzenbetonteren Ernährung nimmt zu. Das begrüßen wir sehr. Denn pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Getreide und Kartoffeln liefern viele Nährstoffe, Ballaststoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe und gleichzeitig wenig Kalorien.“
Trend zu Regionalität und Saisonalität
Die überwiegend pflanzliche Ernährungsweise nach den Empfehlungen der DGE belaste die Umwelt und das Klima weniger als die durchschnittlich übliche Ernährungsweise in Deutschland. „Bei der Produktion pflanzlicher Lebensmittel ist der Verbrauch von Ressourcen und der Ausstoß schädlicher Treibhausgase niedriger als bei der Produktion tierischer Lebensmittel“, sagt Silke Restemeyer. Auch der Trend zu mehr Regionalität und Saisonalität sei positiv. „Regionale saisonale Produkte haben eine bessere Umweltbilanz, da Ressourcen für Lagerung und lange Transportwege eingespart werden können, und sind häufig preiswerter“, meint die Ernährungswissenschaftlerin.
Snacks statt festen Zeiten
Die Esskultur unserer Gesellschaft verändert sich. Das beobachtet auch Silke Restemeyer: „Die Zeiten, in denen sich die Familie mehrmals täglich am Esstisch für eine gemeinsame Mahlzeit zusammenfand, sind zwar vorbei und unser Essverhalten passt sich heute eher dem Rhythmus unseres Alltagslebens an. So werden häufiger kleinere Mahlzeiten beziehungsweise Snacks – auch unterwegs – gegessen. Die Studie EsKiMo II (2015–2017) konnte aber zeigen, dass die Häufigkeit von Familienmahlzeiten innerhalb der letzten zehn Jahre insgesamt zugenommen hat, wobei das Abendessen am häufigsten gemeinsam verzehrt wird. Das konnten wir auch im DGE-Ernährungsbericht 2004 schon sehen.

Essen soll nicht nur sinnvoll und zweckmäßig sein, es soll auch Spaß machen.Silke Restemeyer
Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Dass die Mittagsmahlzeit nicht häufiger gemeinsam eingenommen wird, beruht vermutlich auf dem Ausbau des Ganztagsschulsystems und des wachsenden Anteils an Schüler*innen, die in der Schule zu Mittag essen.“ Auch die Corona-Pandemie habe Einfluss auf unser Essverhalten genommen, sagt Silke Restemeyer. Das zeigt eine Forsa-Untersuchung der TU München zu „Lebensstil und Ernährung in Corona-Zeiten“ mit 1000 befragten Eltern im September 2020. Demnach haben 30 Prozent selbst zubereitete Speisen für ihre Kinder häufiger gekocht, als vor der Krise – vor allem Eltern, die überwiegend im Homeoffice waren (43 Prozent). „Zwei Drittel der befragten Eltern (67 Prozent) taten dies genauso häufig/selten wie zuvor, und nur drei Prozent seltener als vor der Pandemie“, so die Ernährungswissenschaftlerin.
Zunahme durch Pandemie
„In einer weiteren Befragung des Else Kröner Fresenius Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der Technischen Universität München (TUM) von 1000 Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren im April 2021 zu ,Ernährung und Bewegung in der Pandemie‘ gaben rund 40 Prozent der Befragten an, dass sie seit Beginn der Pandemie deutlich zugenommen haben – im Schnitt 5,6 Kilo. Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen, allerdings war es bei den Frauen durchschnittlich ein Kilo weniger.“ Besonders betroffen ist demnach die Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen. Hier haben 48 Prozent an Gewicht zugelegt. Gründe dafür seien neben der Ernährung auch der durch das Homeoffice und geschlossene Fitnessstudios und Vereine bedingte Bewegungsmangel, erklärt Silke Restemeyer.
Warum und wie entstehen eigentlich Hypes um Lebensmittel wie etwa Superfood?
„Immer mehr Menschen interessieren sich für eine bewusste Ernährung. Superfood ist in den Augen vieler Verbraucher eine gute Möglichkeit, sich ausgewogen zu ernähren beziehungsweise gegebenenfalls auch schlechte Ernährungsgewohnheiten auszugleichen“, sagt Silke Restemeyer. „Was bei allen Superfoods gleich ist, ist die Geschichte dahinter. Meistens ist es ein weit entferntes Land und ein Naturvolk, das dank des betreffenden Superfoods keinen Brustkrebs, kein Übergewicht oder nur selten Herzinfarkte bekommt“, meint die Ernährungswissenschaftlerin. Dass dabei Faktoren wie Bewegung, die sonstige Ernährung oder Stress außen vor bleiben, werde bei den Erzählungen über das neueste Wunder-Essen gern verschwiegen.
Vielfältige Ernährung ist wichtig
„Der Hype um Superfoods ist in den letzten Jahren weiter gewachsen. Grund dafür sind nicht nur die besonderen Eigenschaften dieser Lebensmittel, sondern auch der steigende Einfluss der Influencer und Social Media ,Ernährungsexpert*innen‘, die für die ausgewählten Lebensmittel werben. Heimische Produkte wie Leinsamen haben es marketingtechnisch schwerer – sie wirken bieder, sind kein sexy Produkt.“ Der Tipp der Ernährungsexpertin: Heimisches Gemüse, Obst und Samen bevorzugen, sie stehen den exotischen Superfoods in Sachen Nährstoffreichtum in nichts nach. Eine ausgewogene Nährstoffaufnahme lasse sich durch eine pflanzenbetonte vielfältige Ernährung sicherstellen. Es reiche nicht aus, sich in der Ernährung auf einige wenige Superfoods zu konzentrieren, meint Silke Restemeyer.
Ein Foodtrend signalisiert immer auch Veränderungen, die über Bedürfnisse, Wünsche und Werte der Zielgruppen und Konsumenten hinausgehen.Andy Braumann
Foodstylist und Koch
Doch was ist derzeit in puncto Ernährung eigentlich angesagt? Einer, der sich mit Trends auskennt, ist Foodstylist und Koch Andy Braumann. Der Lüneburger sagt: „Erstmal sind Foodtrends, die wir im Jahre 2018 oder 2019 hatten nicht gleich out. Foodtrends sind keine statischen Phänomene, sondern sie verändern sich, sie verstärken sich oder schwächen sich ab, oder sie bekommen, angestoßen durch soziale und kulturelle Impulse oder ausgelöst durch technische Innovationen, einen neuen Spin.“ Seine Foodtrends für die kommende Zeit sind geklastert in Rubriken:
Gesundheit
„Forced Health: Bei akuten Bedrohungen wie aktuell durch die Bedrohung der Pandemie bekommen die Zielgruppen/Menschen noch stärker eine Bindung zu gesundheitsfördernder Ernährung. So werden etwa in Lebensmittelhandel und Apotheken seit Beginn der Coronakrise mehr Nahrungsergänzungsmittel nachgefragt. Und für ,Gesundesser‘, die ihre Nahrung nicht primär nach kulinarischen, sondern mehr unter präventiven Gesichtspunkten betrachten, gewinnen die Lebensmittel an Bedeutung, denen natürliche Gesundheitswirkungen – etwa für die Darmgesundheit oder zur Stärkung des Immunssystems – zugeschrieben werden.“

Alltag
„New Breakfast: Dieser Foodtrend wurde so ein bisschen zum Verlierer der Coronakrise, aber nimmt durch die Lockerungen immer mehr an Fahrt auf. ,Das neue Frühstück‘ zieht sich hier in Deutschland auch durch andere Kulturen, wird immer mehr zum neuen Highlight. Weg von der Klassichen Variante (Wurst, Käse, Brötchen mit Marmelade) und immer mehr hin zu der sozialen Komponente. Es wird mehr auswärts gespeist, kulinarisch gibt es viele Facetten und Einflüsse aus anderen Ländern (Bali Breakfast, israelische Einflüsse wie Shakshuka bekommen mehr Plattformen hier bei uns in Deutschland). New Breakfast ist die perfekte Verbindung zwischen Genuss und Kommunikation. Es wird nicht gehemmt von starren Speisefolgen oder gar Social Distancing. Hier lebt Kultur, Genuss und Menschheit in einem, denn der Start in den Tag ist für jeden von uns das Nonplusultra.“
Genuss
„DIY Food & Gourmet Gardening: Stay at Home und der Shutdown in der Gastronomie führten mehr zur DIY in der eigenen Küche und zum Anbau von Kräutern, Salaten und Gemüse auf Balkonen, Garten etc. Es sind nicht die älteren Zielgruppen unter uns, sondern die hippen Großstädter, die auch den Schrebergarten für sich entdecken. Den urbanen Lifestyle. Parallel dazu entwickelt sich Backen, Kochen und Einmachen immer mehr zu einem Lifestyle-Hobby, bei dem richtiges Food-Knowledge gezeigt wird, weit weg von den gastronomischen Profis. Sich selbst als Macher zu erleben und Erfolge zu feiern, motiviert viele Menschen.“
Eiszeit – Klassiker und Exoten
Sommer ist bekanntlich auch Eiszeit. Kaum ein Spaziergang durch die Stadt oder den Park endet ohne die beliebte eiskalte Erfrischung. Da haben wir Vanille – der Klassiker schlechthin. Vanille führt dieses Jahr die Liste der beliebtesten Eissorten an, die der Verband der italienischen Speiseeishersteller Uniteis e.V. veröffentlicht hat. Auf Platz 2 landet Schokolade, dicht gefolgt von Stracciatella, Erdbeere, Haselnuss, Joghurt, Pistazie, Zitrone, Sahne-Kirsche (Amarena) und Salz-Karamell. Eine Sorte, die gerade wieder einen Aufschwung erlebt, ist das Malaga-Eis auf der Basis von Sahne, Zucker und Eiern. Beim Fruchteis zeichnet sich laut Uniteis e. V. Himbeere als Liebling an der Eistheke ab. Gefolgt von Blaubeere, Kirsche, Bergpfirsich, Melone. Den Titel Eissorte des Jahres 2021 konnte sich diesen Sommer ein Exot sichern: Mango-Chili-Eis. Bei den Eisbechern kommen wir diese Saison nicht am klassischen Spaghetti-Eis, Krokant-Becher und Erdbeer-Becher vorbei. Aber auch veganes Eis wird zunehmend nachgefragt. Ebenso wie Gourmet-Eis, also Eis aus Gemüse mit Kräutern verfeinert. Die Kreativität kennt keine Grenzen.
Die Eistrends 2021
Salz-Karamell
Yogurt in zahlreichen Variationen mit Früchten wie Limette, Orange, Himbeere, Pfirsich und Holunder
Früchte-Eissorten auch in exotischen Variationen, wie Maracuja-Mandarine, Maracuja-Pfirsch, Mango und Grapefruit.
Weiter im Trend: Eissorten mit Kräutern und Gewürzen, wie Zitrone mit Basilikum, Mango mit Chili, Aprikosen mit Lavendel, Avocado mit Ingwer und Lime
Quelle: „Uniteis e.V.“
