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Abenteuer Ägypten

von Gastautor
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Mutig sind die, die sich trauen. Die, die einfach machen. Die Menschen, die etwas riskieren. Einer der sich getraut hat, ist Hatem Khater. Vielleicht kennen sie noch den Koch aus dem kleinen Bistro vom Berge in Lüneburg. Immer herzlich, immer gut gelaunt. Mitten in Pandemiezeiten ist Hatem mit Sohn Claudio und Frau Julie vergangenes Jahr ausgewandert. Oder besser gesagt rückgewandert. Auf einmal war das Bistro geschlossen. Mit ihm auch die Hoffnung, Khater Senior das Rezept für das beste Hummus zu entlocken, das ich je gegessen hatte. Cremig war er, mit leichter süßer Note und anderen Gewürzen, wie man sie sonst nie in Hummusrezepten findet. Zum Glück gibt es ja die sozialen Medien, über die ich Vater und Söhne wiedergefunden habe. Wo Hatem jetzt wohnt, was er beruflich macht und ob er noch immer Menschen kulinarisch verwöhnt, das habe ich rausgefunden. Die Familienrezeptur habe ich leider noch immer nicht ergaunert. Ich arbeite daran. 

Moin Hatem, auf einmal warst du weg. Das Khater‘s Korner, Am Berge zu und mit dir das Geheimrezept des besten Hummuses was ich je gegessen habe. Was waren deine Beweggründe Lüneburg zu verlassen und wo genau bist du gelandet?

Khater‘s Korner wurde 2015 eröffnet und war ein Familienbetrieb. Knapp dreieinhalb Jahre später hatten wir alles erreicht, was sich ein Gastronom wünschen kann. Ich kann durchaus sagen, dass die Straße Am Berge durch uns belebter und attraktiver geworden ist. Unsere Stammgäste sind aus der ganzen Region, sogar aus Hannover und Hamburg gekommen, um bei uns zu essen. 2019 wuchs in mir das Gefühl in einer Metropole nach einer neuen Herausforderung zu suchen. Der Zauber von Lüneburg hat mich lange gepackt, aber irgendwann wurde mir die Perle an der Ilmenau zu klein. In langen Gespräche innerhalb des Jahres mit der Familie überlegten wir, wie wir unseren Lebensmittelpunkt von Lüneburg nach Kairo verlagern könnten. Im Oktober 2019 beschlossen wir diesen Schritt zu wagen. Bis Ende 2020 mussten wir noch warten, bis unser Mietvertrag für das Khater‘s Korner abgelaufen war. Es passte alles. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sind wir dann nach Kairo gezogen – die Stadt mit ihrer unendlichen kulinarischen Vielfalt. Wir, das sind mein Sohn Claudio, meine Frau Julie und ich.

Foto: nh/Hatem Khater

Sag mal Hatem, bist du aus- oder rückgewandert? 
Weder noch. Mein Vater war Ägypter und meine Mutter Berlinerin. Ich bin in Kairo aufgewachsen. Die arabische Sprache behersche ich genauso wie die Deutsche. Auch in Ägypten habe ich wie in Deutschland eine große Familie. Meine Frau Julie fliegt mehrmals im Jahr nach Deutschland und schaut in unserer Wohnung nach dem Rechten. Da wir in Lüneburg keine Zelte abBrechen, sondern in Ägypten neue aufbauen wollten, ist es uns wichtig die Wohnung hier zu behalten.

Ganz schön mutig, mitten in Pandemiezeiten auszuwandern. Was waren die schwierigsten Hürden für dich und deine Familie?
Auf der ganzen Welt hat die Pandemie samt Lockdown hart getroffen. Auf einmal waren überall neue Konzepte und Strukturen erforderlich. Wir haben in der Familie sehr schnell auf den Lockdown reagiert und beschlossen, sehr lang haltbare Speisen und Saucen anzubieten. Zwei Tage später standen viele Köstlichkeiten in Einmachgläsern dekorativ in unserem Tresen. Das wurde sehr gut angenommen. So konnten unsere Speisen auch zu Hause im Lockdown genossen werden. Das Khater‘s Korner zu schließen und den geliebten Alltag hinter sich zu lassen, war für uns alle eine emotionale Hürde. Die schwierigste bisher in unserem Leben. Am meisten vermissen wir unsere Gäste, unsere Geschäftspartner und unsere Lieferanten. Viele sind in all den Jahren zu unseren Freunden geworden.

Was macht das Leben für dich dort so attraktiv? Wie ist das Leben dort?
Sonnen und Schattenseiten gibt es überall. In Ägypten regnet es allerhöchstens drei- bis viermal im Jahr und das Klima ist hier fast 365 Tage sehr schmeichelhaft. Unsere Kinder sind inzwischen alle erwachsen. Der schönste Vorteil hier in Ägypten ist ganz klar nah bei meiner Familie zu sein, die ich die letzten 42 Jahren immer nur im Urlaub gesehen habe. Besonders genieße ich die Nähe zu meiner Schwester Jasmin und zu meiner 93-jährigen Mutter. 

Hast du noch immer die Kochjacke an und verwöhnst die Menschen kulinarisch oder genießt du jetzt „the sunny side of your life“? Erzähl doch bitte mal von deinem neuen Leben.  
Wir haben das große Glück in einer der schönsten Vororte Kairos zu wohnen. In Maadi. Hier haben wir auch vor vier Monaten unsere neuen Räumlichkeiten für Leo‘s Kitchen gefunden. Unsere Küche beinhaltet Speisen aus der internationalen Küche sowie Klassiker wie Burger, Sandwiches und natürlich auch Hummus. Wir machen ausschließlich Caterings und Außerhausverkauf. Außerdem habe ich einen guten und zuverlässigen Küchenchef eingestellt, und mit ihm ein fünfköpfiges Team eingearbeitet. Meine Anwesenheit in der Küche ist auf ein Minimum reduziert. Mehr Verantwortung, aber auch viel mehr Freizeit. „The sunny side of my life“ erlebe ich genau jetzt.

Foto: nh/Hatem Khater

The sunny side of my life erlebe ich genau jetzt.
Hatem Khater
Gastronom

Was unterscheidet das Leben in Lüneburg von deiner Heimat? Kommst du ab und an noch nach Lüneburg zu Besuch?
Ich habe in meinem Leben große als auch mittlere Küchen geleitet. Für mich waren 16 bis 18 Stunden am Tag, fünf bis sechs Tage die Woche ganz normal. Ich danke Gott dafür, dass ich das bisher seelisch als auch körperlich gut überstanden habe. Jetzt bin Anfang 60 und schon in Lüneburg habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr die gleiche Energie besitze, wie in jüngeren Jahren.

Hier in Ägypten arbeite ich 90 Prozent weniger und organisiere alles um die Caterings und der Küche drum herum. Das tut meiner Seele gut und ich bin trotzdem recht beschäftigt. Der Unterschied zwischen Lüneburg und Maadi ist sehr groß. Hier ist einfach alles anders.

Allein Maadi beherbergt eine Million Einwohner. Lüneburg hingegen strahlt Ruhe und Sauberkeit aus. Sobald man hier das Haus verlässt, taucht man in ein unglaubliches Verkehrschaos und Lärmpegel ein. Allerdings sind auch hier die Menschen wie in Lüneburg sehr hilfsbereit, freundlich und umgänglich. In 2021 werde ich nicht mehr nach Lüneburg kommen. Der Fokus in diesem Jahr liegt beim Aufbau von Leo‘s Kitchen. 

Insidertipps sind doch die besten. Welche Tipps würdest du mir geben, wenn ich zwei Wochen nach Ägypten komme, die das Reisebüro nicht kennt? Was muss ich sehen und was unbedingt gemacht haben?
Wir haben hier in Ägypten eine große Auswahl an historischen Orten, kilometerlange wunderschöne Strände am Mittel- und Roten Meer. Empfehlen kann ich Marsa Matrouh. Sie liegt an der Mittelmeerküste, etwa 290 Kilometer westlich von Alexandria und 524 km von Kairo entfernt. In Marsa Matrouh befindet sich die Siwa-Oase, Berg Dakrour und der Tempel Alexander des Großen. Außerdem empfehle ich euch unbedingt mal einen Oasen- und Wüstentrip zu buchen. Als kulinarisches Highlight gibt es in Alt-Kairo, mitten im Basar, das El Fishawi sowie das Nagiib Mafouz.

Das klingt interessant. Was gibt es dort zu essen?
Beide bieten die orientalische Küche auf sehr hohem Niveau an. Vom gegrilltem Fleisch, Geflügel, Fisch, alle möglichen Schalentiere, Muscheln bis vegetarische und vegane Gemüse, Dips und Salate.

Gibt es etwas, das du in Ägypten vermisst, was du hier besonders geschätzt hast in Lüneburg und andersherum auch?
Allerdings. Meine Familie, meine Freunde und auch meine Stammgäste vermisse ich sehr. Außerdem die Currywurst vom Geschäftsnachbarn.

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