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Rein ins Leben

von Gastautor
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Von Simone Gerwers

Sommerliche Temperaturen, Ferienzeit und Möglichkeiten ohne Ende. Das Leben spricht uns eine Einladung aus, aus bewährten Routinen auszubrechen, aktiv zu werden und sich ins Erleben zu stürzen. Wie wäre es mit einer Radpartie entlang der Elbe, um die Heimat noch besser kennenzulernen und in die Natur einzutauchen, sich einer Laufgruppe anzuschließen, ein Picknick am Flussufer, den ersten Kaffee bei Sonnenaufgang zu trinken, einen Angelschein zu machen, einer Bootspartie oder Stand-up-Paddling zu lernen? Vielleicht wartet da draußen ja auch die eine oder andere Entdeckung?! Raus aus dem Alltagstrott: Eine Prise Mut schnuppern. Oder doch gleich ein Mutausbruch?!

Raus aus dem Alltagstrott

Wir Menschen suchen oft nach dem großen Glück, dabei würde uns tatsächlich das kleine schon Erfüllung und jede Menge Lebenslust schenken. Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden, dass es genau die kleinen „Uplifts“ (leichte emotional erhebende Momente) sind, die uns erfüllen. Das Erleben alltäglicher Lichtblicke, kleine Erlebnisse haben einen großen Effekt auf unsere Lebenszufriedenheit und auch Gesundheit. Doch es ist eine wahre Kunst das kleine Glück zu erleben.

Zum einen müssen wir es wahrnehmen und zum anderen müssen wir es bewusst und mutig anpacken. Wie oft hängt unser Fokus in Dingen fest, die uns Leichtigkeit nehmen, uns anstrengen, funktionieren lassen und uns letztlich in Stressempfinden, Erschöpfung oder Unmut führen? Kein Wunder mögen Sie sagen, das Leben verlangt uns in diesen Zeiten der Pandemie ja auch eine Menge ab. Stimmt. Ich plädiere für einen Brillenwechsel: Die Frage ist doch, macht es es wirklich besser, den Blick auf all das zu richten, was uns verunsichert oder Angst macht? Wie wäre es, wenn wir uns auf das ausrichten, was wir anpacken und gestalten können?

Im Großen wie im Kleinen, positive Erfahrungen entstehen aus unserem Tun. Warum also nicht mal mutig was ganz Neues wagen, etwas erleben, was man schon seit ewigen Zeiten im Planungsmodus vor sich herschiebt? Wie oft siegt die Bequemlichkeit, gewinnt der innere Schweinehund, der uns im Alltagstrott verharren lässt, oder uns verleitet die Dinge zu tun, die wir schon „immer“ getan haben. Der Philosoph Jean-Paul Sartre fragte: Was ist es, das am Ende wirklich zählt? Die Antwort dazu beantwortet er mit: „ Das Leben gelebt zu haben, das ich leben wollte, auch wenn es ein Irrtum war.“ Und da unser Leben vordergründig aus den vielen kleinen Augenblicken besteht, ist es eine gute Idee, die kleinen Dinge anzupacken. Oder anders: In einer Zeit unbegrenzter Möglichkeiten braucht es unseren Mut das Leben anzupacken. Auf, zu kleinen und großen Abenteuern!

Ein Hoch auf die Lebenslust

Gehören Sie auch zu denen, die gern mal bewundernd auf die Taten anderer schauen und selber in der Warteschleife festhängen? Der Kollege hat das spannendere Hobby, die Nachbarsfamilie reist mutig im Wohnmobil durch die Welt und die Freundin springt Fallschirm. Wenn wir unseren Blick so auf andere Menschen richten, fühlen wir uns in unserer kleinen Welt gefangen. Wir könnten aber auch ganz anders drauf schauen und aus der Mutlosigkeit treten. Wir können diese Menschen als Vorbild auf uns wirken lassen. Der Gedanke dahinter: „Wenn Du das kannst, dann fühle ich mich ermutigt und traue mich auch und wage etwas.“ Ich nenne das Mutanstiftung. 

Zu mehr Mut angestiftet wagen wir plötzlich die eine Sache, die uns am Herzen liegt. Mut fängt mit kleinen Schritten an, oft im ganz normalen Alltag. Heldenmut ist es nicht, aber es ist genau die Prise Mut im Alltagsgeschehen, die wir für ein gelingendes Leben brauchen und Lebenslust macht. Ich bin per se nicht in allen Lebenslagen mutig, auch wenn Mut & Change Themen sind, die ich nicht nur beruflich beherzt lebe. Seit den ersten warmen Tagen in diesem Jahr sehe ich wieder täglich Menschen auf ihren Stand-Up-Paddle-Boards fröhlich und in scheinbarer Leichtigkeit auf der Ilmenau. Schon im letzten Jahr hatte ich mir fest vorgenommen: Das will ich auch können. 

Aber dann jagte doch wieder ein Termin und ein Ereignis das andere und nichts passierte. Mein sehnsüchtiger Blick auf die Ilmenau und ein gedankliches „morgen“ blieben. Und dann startete ich quasi einen Mutausbruch. Wir hatten fünf Tage Kurzurlaub an der Ostsee gebucht, was für ein Geschenk. Und siehe da, im Hotel wurden Stand-Up-Paddling-Kurse angeboten. Es dauerte nicht lange und zack, ich hatte mich angemeldet. Leider war die Wetterlage nicht passend. Der Wind wehte einfach viel zu stark, zumindest für eine Anfängerin wie mich, die noch nie auf einem Board gestanden hat. Es war abzusehen, Kurse fielen aus. 

Foto: tonwert21.de

Mut macht quasi neuen Mut und nichts ist doch schöner, als sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, statt am Wartegleis zu einem erfüllten Leben zu stehen.
Simone Gerwers,
Diplomwirtschaftswissenschaftlerin

Meine Lust etwas Neues auszuprobieren und meine Neugier waren allerdings nicht aufzuhalten. Am letzten Urlaubstag hatte ich den Trainer dann endlich überredet. „Wir wagen es“, war seine Antwort und ich war in purer Vorfreude. Als wir dann mit dem Board am Strand standen und mir der Wind ins Gesicht blies, die Wellenstärke sah, wurde mir kurz anders. „Wie gefährlich ist das eigentlich? Willst Du das wirklich?“, fragte ich mich. Die Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, war ich auch schon im Wasser. Auf dem Board kniend paddelnd versuchte ich die Instruktionen des Trainers umzusetzen. Die Wellen waren so kräftig, dass ich mehr unter Wasser als auf dem Board war. Teilweise hatte ich Mühe das Board überhaupt wieder „einzufangen“. 

Ganze zwei Stunden versuchte ich immer wieder aufs Neue etwas länger zu stehen. Die Zeit verging im Flug und die Lust am Erlebnis hatte mich gepackt. Abgekämpft und frierend zurück am Strand war ich voller Glücksgefühle. Ich weiß nicht, wann mich ein Erlebnis so beglückt hat, obwohl ich „mein Ziel“ nicht erreicht hatte. Das tolle Gefühl des Erlebens lag im Ausprobieren, in jedem Versuch, im Experimentieren, die Wellen zu besiegen und in der Freude. Mein Fazit: Wagt Es!
Erlebnisse sind letztlich die Summe dessen, was wir tun, was wir uns trauen. Das Leben lädt uns ein, immer wieder etwas Neues zu wagen, Umwege zu gehen, Dinge zu erforschen und das Leben spielerisch zu entdecken. Man sollte viel öfter einen Mutausbruch haben – mindestens und vor allem jetzt.

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