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Sehnsucht nach Meer

von Gastautor
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Hand aufs Herz. Wie oft hat jeder von uns schon mal daran gedacht, einfach mal seine Sachen zu packen und ans Meer zu ziehen und es dennoch nicht gemacht? Sarah Bockelmann hat es einfach gemacht. Australien lernte die gebürtige Lüneburgerin 2005 das erste Mal für ein Jahr als Backpackerin und Au-Pair kennen. Da hatte sie gerade ihre Ausbildung als Industriekauffrau abgeschlossen. Spontan entschied sie sich für eine Auszeit in Brisbane. Im Gepäck: Ein Work-Travel-Visum.

Eine Auszeit in Australien

„Die ersten drei Monate habe ich eine Sprachschule besucht und danach als Au-Pair gearbeitet. Zwischendurch bin ich viel gereist. Ich habe Australien gewählt, weil ein Bekannter davon geschwärmt hat. Es war defintiv eine kurzfristige Entscheidung“, blickt die 38-Jährige zurück. Australien lernte sie immer mehr kennen und lieben. Apropos lieben, es klingt ein bisschen wie im Roman, denn nach drei Monaten lernte Sarah Bockelmann fernab der Heimat ihren damaligen Freund Michael kennen. Ein Surfer aus Noosa an der Sunshine Coast. 2006 kehrte sie zurück nach Lüneburg, führte mit ihm eine Fernbeziehung. „In dieser Zeit habe ich angefangen als Einkäuferin zu arbeiten … 2011 habe ich mich entschieden, zu ihm nach Noosa zu ziehen. Ich habe all meine Sachen gepackt und meiner Familie gesagt, dass ich entweder in Australien bleibe – falls alles gut läuft – oder dass ich zurückkomme …“ Sie blieb.

Glück in der Liebe und im Beruf

Die Auswanderin fand einen Job in einem internationalen Unternehmen in Coolum Beach. Das sei großes Glück gewesen, sagt sie rückblickend. Direkt an der Küste gebe es nämlich nicht viele Möglichkeiten in ihrem Beruf zu arbeiten. Nur 20 Minuten mit dem Auto legt die 38-Jährige täglich zurück. Glück bedeutet für sie auch, tolle Kollegen zu haben. Die ersetzen ein bisschen das Familien-feeling, findet Sarah Bockelmann. Die Arbeit an sich unterscheide sich wenig von daheim, aber das Arbeiten in einem anderssprachigen Land habe sie vor eine große Herausforderung gestellt: „Ich werde heute noch oft von Lieferanten am Telefon gefragt, woher mein Akzent stammt. Man ist halt immer – das wird wohl auch so bleiben – ein bisschen anders, was ich durchaus gut finde.“ 

Norddeutsche Leckereien

Einen Hund hat sie inzwischen. Leo. Ein Labradormischling. In ihrer Freizeit verbringt Sarah Bockelmann viel Zeit mit ihm in der Natur und am Meer, macht Yoga, schlendert durch den Noosa National Park, ein Paradies mit kleinen Buchten, Koalas, Delfinen und vielen Surfern. Und da wäre noch eine weitere Leidenschaft: Backen. „Am liebsten norddeutsche Leckereien wie Heidesand, Mandelhörnchen oder Butterkuchen“, verrät sie.

Zwischen Heimweh und Durchhaltevermögen

„Was sich von meinem deutschen Tagesablauf unterscheidet, ist unter anderem der schöne Sonnenaufgang am Meer, den ich fast täglich sehe, wenn ich mit Leo unterwegs bin. Im Sommer gehe ich öfters vor der Arbeit im Meer schwimmen. Auch das mein Arbeitsweg direkt am Meer entlanggeht. Im Winter kann ich von meinem Auto aus Wale sichten.“ Auswandern könne aber auch einsam sein, auch wenn man nicht alleine ist, erzählt die gebürtige Lüneburgerin. Der Anfang war schwer und es gab viel Heimweh. „Es ist ein komplett anderes Leben und weit weg von allem, was dir lieb und seelig ist. Man braucht auf jeden Fall Durchhaltevermögen. Ich musste meinen Lebensstand den Umständen anpassen und persönliche Bedürfnisse zurückstecken. Das kann sehr emotional sein.“

Foto: nh/Sarah Bockelmann

Es gibt immer noch Momente, in denen ich mich zwicken muss.
Sarah Bockelmann
Auswanderin

Dafür gibt es auch viele Erlebnisse in ihrer neuen Heimat, die für alles entschädigen. „Ich habe zwei große Highlights aus meinem bisherigem Leben hier in Australien. Das erste war vor vielen Jahren. Ich war dabei, als ein 1,8 Meter großer Hai geangelt wurde. Das war aufregend und beängstigend zugleich. Wir waren zu dritt in einem kleinen Boot und haben damit natürlich nicht gerechnet. Die Australier, mit denen ich unterwegs war, haben es sehr entspannt gehandhabt und den Hai zurück in die Freiheit gelassen. Ich hingegen war sprachlos.“ Dieses Jahr dann surfte sie mit einer großen Meeresschildkröte: „Die war die ganze Zeit in meiner Nähe und hat immer wieder ihren Kopf aus dem Wasser gestreckt. Es gibt immer noch Momente für mich, in denen ich mich zwicken muss.“ 

Lüneburg mit anderen Augen sehen

Auf die Frage, was sie vermisst, fallen ihr gleich mehrere Dinge ein: Die Jahreszeiten, Weihnachten, das norddeutsche Schietwetter und die langen Sommernächte, die Radtouren durch die vielen Wälder. „Ich vermisse Lüneburgs alte Häuser. Wenn ich jetzt auf Heimatbesuch nach Lüneburg komme, dann laufe ich ganz anders durch unsere Stadt. Ich schaue mir die schönen Giebel an und die alten, unperfekten Häuser. Ich gehe gerne über die vielen Kopfsteinpflaster und durch die kleinen Gassen. Ich vermisse Lakritz und frische Fischbrötchen. Und die Direktheit von uns Deutschen. Und natürlich meine Familie und Freunde.“ Heimweh statt Fernweh ist jetzt ihre Devise. Ihre Familie sah sie zum letzten Mal vor Corona an Weihnachten 2018.

Bleiben

Wer ihr zuhört spürt, Sarah Bockelmann hat sich in den letzten zehn Jahren in Noosa gut eingelebt, genießt das relaxte Leben am Strand und ihr Haus, das sie und ihr damaliger Freund aufwendig und mit viel Mühe renoviert hatten. „Lüneburg wird selbstverständlich immer meine Heimat bleiben“, sagt Sarah Bockelmann, „und meine Lüneburger Wurzeln werden hier immer wieder durchkommen. Aber ja, ich werde wohl hier bleiben.“

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