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Aus Hessen in die Heide

von Ute Lühr
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Ein Lächeln auf der Straße? „Das ist für Norddeutsche doch schon das höchste der Gefühle“, sagt Benjamin Heinz und lacht. Als gebürtiger Hanauer ist er da doch anderes gewohnt: „Bei uns grüßen sich die Menschen – auch wenn sie sich gar nicht kennen“, sagt der 37-jährige Hesse, der 2018 der Liebe wegen seine beschauliche Heimat im Mainz-Kinzig-Kreis gegen die ebenso idyllische kleine Hansestadt im Schatten Hamburgs tauschte. Doch auch wenn sich das ein oder andere Klischee der etwas unterkühlten Tieflandbewohner bestätigt haben sollte: Er fühlt sich wohl in Lüneburg. 

Während einer Geschäftsreise hat der gelernte Reiseverkehrskaufmann vor mittlerweile sechs Jahren seine jetzige Verlobte kennengelernt – und schnell Nägel mit Köpfen gemacht: 2016 zog sie zu ihm in die Mitte Deutschlands, in ein Bundesland, in dem er zur Schule ging, seine Ausbildung gemacht und später auch eine berufliche Anstellung gefunden hat. „Hessen, das ist meine Heimat, da habe ich meine Freunde und meinen Verein.“ Sein Herz schlägt für Eintracht Frankfurt – und das hatte später noch Folgen.

Berufliche Flexibilität

Vor vier Jahren ist die ältere der beiden Töchter zur Welt gekommen und hat damit nicht nur das Leben des jungen Paars, sondern auch die Wahl ihres Wohnsitzes verändert: „Wir entschlossen uns, nach Lüneburg zu ziehen, in die Heimatstadt meiner Verlobten. Auch die räumliche Nähe zu den Großeltern war hierbei ein wichtiger Faktor“, sagt Benjamin Heinz.

Die berufliche Flexibilität machte den Wechsel des Lebensmittelpunkts möglich: Mittlerweile als Ausbildungsleiter beim Marktführer im Geschäftsreisen-Sektor tätig, hatte er die Gelegenheit, im Hamburger Büro eine neue Stelle zu besetzen. „Das war natürlich ein glücklicher Zufall“, erklärt der 37-Jährige, „wäre aber auch sonst kein großes Problem gewesen, lässt sich der Großteil meiner Aufgaben doch von jedem Standort aus erfüllen.“

Heideblüte, Rote Rosen und der viele Tourismus sorgen doch dafür, dass die Lüneburger nicht sehr verschlossen sind.
Benjamin Heinz

Lüneburg – das ist seitdem sein neues Zuhause, das habe er mittlerweile liebgewonnen, wie er sagt, auch wenn ihm seine alten Kontakte mitunter doch sehr fehlen.

Um neue Menschen kennenzulernen und wieder aktiv zu werden, hat er deshalb nach seinem Umzug die Fußballschuhe geschnürt und einen neuen Verein gesucht: Infrage kam nicht viel, genau genommen nur einer: „Ich wollte immer mal bei einer Eintracht spielen“, sagt der Familienvater grinsend. Das ist ihm gelungen.

Geschnürte Fußballschuhe

Im Lüneburger Südwesten hat er im Mai 2018 das Training aufgenommen, sein Engagement mittlerweile aber wieder an den Nagel gehängt. Mehr Zeit für die Familie und der große Altersunterschied zu den Mitspielern – die Gründe waren vielfältig: „Tief gehende Freundschaften habe ich zwar nicht so wirklich gefunden“, resümiert er nüchtern, „aber das ergibt sich auf anderem Wege.“

Besonders durch die Kinder – vor zwei Jahren ist auch die zweite Tochter zur Welt gekommen – sei Anschluss zu anderen Eltern schnell möglich, hat der Ausbildungsleiter festgestellt. Kontakt habe er auch zu den Freunden seiner Verlobten, zudem durch zufällige Begegnungen: „Heideblüte, Rote Rosen und der viele Tourismus sorgen doch dafür, dass die Lüneburger nicht sehr verschlossen sind“, meint er.

Kontakte knüpfen über die Kinder

Diesen Aspekt, gepaart mit der Überschaubarkeit der Kleinstadt, die es ihm ermöglich sowohl schnell im Zentrum, aber auch schnell in der Natur zu sein, schätze er an seiner neuen Heimat – auch wenn er an seiner alten viel vermisst: „Äppelwoi und Grüne Soße, mein Verein und meine Freunde, da fehlt mir manchmal doch einiges“, sagt er.

Ob er auf Dauer im Norden Fuß fassen wird, hat er deshalb auch noch nicht entschieden: „Bevor unsere ältere Tochter in die Schule kommt, überlegen wir, wohin die Reise geht“, sagt der Hesse, der sich auch einen erneuten Umzug in die Nähe Frankfurts vorstellen kann. Zwei norddeutsche Haken hätte er damit zeitgleich aus dem Weg geräumt: die Nähe zur Eintracht, „denn die ist im Norden derzeit ja kaum noch zu sehen“, und ein Lächeln auf der Straße.

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