Gibt es eine Zeit, die mehr von guter Gesellschaft und hohem Genuss lebt als die Weihnachtszeit? Da in der Weinbranche das Genießen beinahe synonym für französische Erzeugnisse ist, insbesondere für Champagner, erstaunt es wohl kaum, wenn ich mich in diesem Jahr nach dem perfekten Schaumwein umsehe. Und für welchen entscheide ich mich? Die vielseitige Auswahl unterschiedlichster Sorten des Prestige-Getränks macht es mir nicht leicht.
Doch zum Glück habe ich einen neuen Favoriten, der mir seit einer Verkostung nicht mehr aus dem Kopf gehen will: Deutz Champagner. In Deutschland wird er über die Weinhandelsagentur Smart Wines vertrieben. Thomas Sommer, einer der besten Sommeliers Europas, ist der dortige Spezialist für Champagner und hat sich dazu bereit erklärt, mir ein wenig über Deutz zu erzählen.
Zwei Achener Tuchhändler
„Die Geschichte des Champagnerhauses reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, gegründet wurde es im Jahr 1838 von Wilhelm Deutz und Peter-Josef-Hubert Geldermann”, beginnt Sommer. Da stutze ich etwas – das sind doch keine französischen Namen? „Richtig. Die beiden kamen aus Aachen und waren in ihrer ursprünglichen Profession als Tuchhändler nach Frankreich gekommen. Zu der Zeit erlebte die Champagne ihren ersten Boom, in der Region herrschte Aufbruchstimmung – die Freunde änderten ihre Pläne und ließen sich dort nieder.”
Kontakte zu Winzern und Bauern
In den 1830er-Jahren fanden die beiden Händler eine Anstellung beim Champagnerhaus Bollinger, welches auch heute noch zur Spitzenklasse zählt. „Sie kümmerten sich um das Marketing des Hauses, knüpften aber nebenbei auch Kontakte zu Winzern und Bauern in und um Aÿ herum.” Aÿ, wie ich aus meinem Studium weiß, ist eines des wichtigsten Dörfer in der Champagne, ausgesprochen wird es “A-Ih”. Dank ihres kaufmännischen Geschicks konnten die Aachener bald selbst Weinberge erwerben und schließlich unter dem Namen „Deutz-Geldermann” an den Start gehen, so Sommer.
Produktion und Vertrieb
Wie kommt es dann, dass der Hersteller sich heute ausschließlich „Deutz” nennt? „Es gibt verschiedene Berichte und Anekdoten über die Zusammenarbeit der zwei Weggefährten – über vieles kann man nur mutmaßen. Oft wird Wilhelm Deutz als der Tüchtigere von beiden dargestellt, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass er für die Produktion verantwortlich war und die Geschäftsbeziehungen in der Champagne gepflegt hat. Geldermann, der sich währenddessen um den Vertrieb kümmerte, war daher in der Gegend nicht so präsent wie sein Geschäftspartner.”

Es prickelt! Endlich ist der Dezember gekommen – ein Monat voll schöner Anlässe, die Gläser klingen zu lassen … Foto: nh/tonwert21.de
Sekthaus im Elsass
1904 gründeten die Nachkommen des erfolgreich wachsenden Unternehmens dann zunächst unter demselben Namen ein Sekthaus im Elsass, welches in den 1920ern nach Breisach verlegt wurde. Als dies schließlich in den 90er-Jahren verkauft wurde, trennte man die beiden Häuser. Die Sektkellerei behielt den Namen „Geldermann”, das Champagnerhaus in Aÿ hieß von nun an nur noch „Deutz”. Heute ist es im Besitz der Familie Rouzaud, einer der wichtigsten „Champagner-Familien” überhaupt.
Gibt es etwas, was das Haus Deutz besonders hervorhebt? „Tatsächlich ist das die Betriebsstruktur; bereits bei der Gründung gehörte ungewöhnlich viel selbst bewirtschaftete Rebfläche dazu”, weiß Thomas Sommer.
Selbst bewirtschaftete Rebfläche
Was genau ist denn daran ungewöhnlich? „Die Herstellung von Wein unterscheidet sich wesentlich von der des Champagners. Die meisten Häuser kaufen ihre Trauben von Winzern aus der Region und vinifizieren sie schließlich zu ihren international beliebten Köstlichkeiten.” Die Gesamtfläche, auf die Deutz zugreifen könne, liege bei knapp 200 Hektar. Mit über einem Fünftel im Eigenbesitz sei der Hersteller eine echte Ausnahme. „Nur damit wir uns nicht falsch verstehen – Zukauf bedeutet nicht, dass die Qualität nicht stimmt. Im Gegenteil: Drei Viertel der von Deutz verwendeten Weine stammen aus Premier-Cru- und Grand-Cru-Lagen, also dem besten, was die Champagne zu bieten hat”, betont Sommer.
Sehr gutes Preis-Genuss-Verhältnis
Die Klassifizierung von Weinbergen ist in der Weinwelt ein zentraler Punkt des Qualitätssystems, auch in Deutschland werden die „Lagen” anhand verschiedener Kriterien als gut oder sehr gut eingestuft.
Eine weitere Besonderheit des Produkts ist das sehr gute Preis-Genuss-Verhältnis, findet der Kenner. „Klar ist Champagner nach wie vor ein Luxusprodukt, allerdings finde ich, dass man mit einer Flasche Deutz wirklich was geboten bekommt. Der Brut Classique zeigt zum Beispiel eine tolle Frische und eine reiche Aromatik, durch die er sich prima als Aperitif oder als Begleiter einer leichten Vorspeise macht.” Der puristische Rosé sei mit seinem traditionellem Geschmack und seiner kräftigen Struktur aktuell auch sehr nachgefragt, nicht selten sogar ausverkauft. Seine außergewöhnlichen Reifenoten erhalte der Deutz-Champagner durch das Lager in großen Kreidekellern, die über 20 Meter tief unter den Hügeln von Aÿ liegen.
Unbedingt Weißweingläser nutzen
Zum Abschluss hole ich mir noch eine Empfehlung bezüglich der passenden Gläser ein, auch wenn ich die Antwort schon erahnen kann: „Nutzen Sie unbedingt Weißweingläser, da sich in der bauchigen Form die Aromatik des Schaumweines deutlich besser präsentiert als in der schmalen Sektflöte.” Für Thomas Sommer habe das richtige Servieren von Champagner mit der Wertschätzung zu tun, die ein solches Produkt verdient. „Der Produzent macht sich viele Gedanken, der Wein ruht mehrere Jahre lang im Keller – da sollte man auf dem letzten Meter vor dem Genuss ebenso umsichtig sein.”