Zuerst hatte ich einen Garten, dann hatte der Garten mich“ – wenn das Verhältnis zur hauseigenen Botanik die in dem Pflanzenfans wohl bekannten Sprichwort beschriebenen Auswüchse angenommen hat, dann stimmt etwas nicht. Dieser Auffassung ist NDR-“Mein Nachmittag“-Gärtner Ole Beeker. „Wenn ein Garten richtig geplant wird, ergibt er ein tolles Bild über alle Jahreszeiten und ist dabei pflegeextensiv. Dann macht man am Ende darin fast nur noch das, was Spaß macht“, sagt der Uelzener. Was viele nicht wissen: Die beste Zeit, einen Garten anzulegen, ist jetzt, im späten Herbst. Wer das jetzt macht, kann sich aber so richtig freuen, Vorfreude den ganzen Winter über. Denn im Herbst gesetzte Pflanzen, zahlen im Frühjahr mit fleißigem Treiben zurück.
Die richtige Zeit um einen Garten anzulegen
„Das war schon immer so, aber heute in Zeiten fortschreitenden Klimawandels ist es umso wichtiger“, verdeutlicht Ole Beeker. Wir reden hier nicht unbedingt von Stauden, die können auch problemlos im Frühjahr und Sommer noch gepflanzt werden, sondern von Bäumen, Sträuchern, Hecken. Die brauchen jetzt in der Winterruhe nämlich kaum Wasser, betreiben aber noch bis nach Weihnachten, in milden Wintern sogar bis in den Januar hinein, weiter Wurzelwachstum. Heißt, die Pflanze hat keinen Stress während sie anwächst.
Weniger Stress für Mensch und Pflanze
Und im Frühling, wenn die Sonnenstrahlen wärmer werden, ist sie schon aus dem Gröbsten heraus. Anders als Pflanzen, die im Frühjahr ins Beet kommen und dann bald darauf von der intensiven Sonneneinstrahlung der mittlerweile doch meist recht überhitzten Sommer gestresst werden. „Jetzt zu pflanzen bedeutet weniger Stress für Mensch und Pflanze, weniger Arbeit und mehr Wert im kommenden Jahr“, so der Gartenprofi.
Klimawandel, Insekten- und Vogelwelt mitdenken
Wenn der gelernte Diplomingenieur für Pflanzenbau einen Garten plant, wie kürzlich den einer Adendorfer Familie, den Sie, liebe Leser auf unseren Fotos sehen können, dann denkt er viele Bereiche mit wie Klimawandel, Insekten- und Vogelwelt. Da geht es längst nicht nur darum, welche Blüte mit welcher harmoniert. Da enstehen Bilder vor seinem inneren Auge von Blattstrukturen, Texturen, Blüten- und Blattfarben.
Kenntnis über unzählige Pflanzen
Das ist die große Kunst eines Gartengestalters. „Malen mit Pflanzen“, nennt Ole Beeker das. Aufgrund seiner großen Erfahrung, seiner Kenntnis unzähliger Pflanzen, deren Namen uns nicht einmal geläufig sind, und seiner immensen Phantasie kann er sich, bevor überhaupt die erste Pflanze ins Beet kommt, schon ausmalen, wie dieser Garten im kommenden Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter aussehen wird.
Gräser bringen Leichtigkeit
„Viele konzentrieren sich zu sehr auf die Blüten“, sagt Ole Beeker, dabei sind es gerade die feineren Aspekte, Strukturen, Färbungen, die besonders im Herbst, manche erst im Winter hervortreten.“ Er achtet auf die Herbstfärbung und Fruchtstände der einzelnen Pflanzen, kombiniert Pflanzen mit großen Blättern mit Gräsern, die Feines, Leichtes in den Garten bringen. Überhaupt, Gräser, da könnte eine ganz eigene Geschichte entstehen, wenn es nach Ole Beeker geht, da gerät er ins Schwärmen und zitiert den berühmten Gärtner und Philosophen Karl Foerster: „Gräser sind das Haar dieser Mutter Erde.“ Federbrostengras, Plattährengras, viele Sorten Chinaschilf bringen wunderschöne leuchtende Töne in den Garten.
Garten in Räume aufteilen
Seine Adendorfer Kunden, denen er empfohlen worden war, wollten von ihm zunächst eigentlich nur eine Kirschlorbeerhecke einmal um ihr Grundstück herum gesetzt haben. Kirschlorbeer ist Ole Beekers Sache eher nicht. Zwar immergrün, aber im Winter viel zu düster. Er bot einen Kompromissvorschlag an. Man kam intensiver ins Gespräch, wobei doch noch mehr Wünsche seitens der Familie deutlich wurden. Auch riet der Gärtner davon ab, die Pflanzen – wie meist üblich – in „Ringelreihen“ an den Rändern rund um den Rasen zu platzieren. „Aufgabe des Gestalters ist es, einen Garten in Räume aufzuteilen. Wo ergeben sich Pflanzenflächen? Wo sollten Sichtachsen zum Nachbarn unterbrochen werden?“, erklärt Beeker. Schließlich ließen sich die Adendorfer zur kompletten Neugestaltung überzeugen.
Trends beeinflussen Wünsche
In dieser Phase der Planung fühlt sich Ole Beeker zunächst in seine Kunden hinein. Wie ticken die? Was sind ihre Vorlieben. Er fragt nach den Wünschen. Manche wollen einen Teich, kein Gelb oder ganz viel Blau. Manche wünschen bestimmte Bäume oder Pflanzen. „Dabei sind es oft gar nicht ihre eigenen Wünsche, wie sich dann herausstellt, sondern sie sind von Trends beeinflusst“, weiß Beeker. „Plötzlich wollen alle Glanzmispel oder Kirschlorbeer. Wir arbeiten aber mit vielen Pflanzen, die man nicht so oft sieht, die aber viel interessanter sind.“
Ohne viel Wasser auskommen
Auch den Klimawandel hat der Gartenprofi bei der Gestaltung immer im Blick. Seine Uelzener Gartenschule Pur Natur arbeitet schon seit zig Jahren nicht mehr mit „Saufnasen“, sondern wählt Pflanzen, die mit ganz wenig Wasser auskommen, denn der Garten der Zukunft sei nicht mehr die Rasenfläche mit den norddeutschen Klassikern drumherum. „Immer schicker grüner Rasen, das wird es nicht mehr geben, wie wir vor zwei, drei Jahren gesehen haben. Viel zu wässern ist nicht nur nicht verantwortbar, sondern vielleicht auch bald nicht mehr erlaubt.“
Intensive Sonneneinstrahlung
Wasserbedarf ist das eine, Widerstandsfähigkeit bei intensiver Sonneneinstrahlung das andere Kriterium. Nur die Harten kommen in den Garten gilt auch bei Ole Beeker. Will der Kunde eine Hortensie, greift er zur Wald- oder Rispenhortensie. Andere Lieblinge sind Orangenblume, Duftblüte, Perrückenstrauch, immer wieder Gräser, Felsenbirne – und die „Olive des Nordens“, die Weidenblättrige Birne.
Rücksicht auf Tierwelt
Und nicht nur das Klima wird in Beekers Gärten geschont, sondern auch die Tierwelt. Nehmen wir die im Norden häufige Forsythie. „Die blüht schön im Frühjahr, wenn man das Gelb mag. Aber das war es dann auch. Die Hybride hat keinerlei Relevanz für Insekten und Vögel“, sagt Ole Beeker, der solche in seinen Augen No-Go-Pflanzen seinen Kunden gerne ausredet. Stattdessen böte sich die Kornelkirsche an, am besten die veredelte „Schönbrunner Gourmetdirndl“ – „trockenresistent, ein viel schöneres Gelb, wie ich finde, eine Bienenweide im Frühjahr und im Herbst Früchtelieferant für Vögel und die leckerste Marmelade“.
Kies statt Schotter
Nach dem Vorbild von Beth Chatto, der berühmten englischen Gartenarchitektin, die im Frühjahr 2018 verstarb, entsteht hier derzeit in Ole Beekers Gartenschule Pur Natur ein kleiner sogenannter „Gravel Garden“ – ein auf Kies angelegter Garten, den der Gartenprofi in Klimawandelzeiten den Gartenfans ans Herz legen möchte. Grundvoraussetzung sind Trockenheit und volle Sonne, Bedingungen die in 2018 bestimmend waren. Eine weitgehend geschlossene Pflanzendecke, in der Kies nur noch dort unbewachsen offen liegt, wo er als begehbare Fläche die Pflanzung durchzieht, ist das Endergebnis. Intensiv blühende, trockenresistente Stauden, Insektenmagneten vom Frühjahr bis in den Herbst, prägen in dieser wie zufällig wirkenden Pflanzengesellschaft das Bild.