Wer Lorena Seebahn kennt, hat Glück. Nicht nur, weil die gebürtige Argentinierin überaus sympathisch, herzlich und ihren Mitmenschen gegenüber sehr offen ist, sondern auch, weil sie eine Gabe hat, von der jeder gerne profitieren würde. Bei Geburtstagsfeiern, Hochzeiten oder Jubiläen – sie kreiert, was jede Feier und jeden zu Feiernden einzigartig macht, sie gestaltet, was der Blickfang jeder Tafel wird: Lorena Seebahn ist eine Künstlerin an der Torte.
Alles ist möglich
Mal ist es die Freiheitsstatue, mal Feuerwehrmann Sam, mal ist es das Schalke-Outfit, mal die Eiskönigin, mal ist es eine Rakete, mal ein kompletter Grill: Es gibt kaum etwas, was die zweifache Mutter nicht gestalten kann und kaum etwas, was ihre bunte Kundschaft nicht wünscht. „Man wächst eben mit seinen Aufgaben“, sagt Lorena Seebahn und lacht, wohl wissend, dass ihr mittlerweile fast alles gelingt. Das aber war nicht immer so.
Aller Anfang ist schwer
„Mein erster Versuch war ein absolutes Desaster“, erinnert sich die Reppenstedterin amüsiert, „das war ein Pferd – oder sollte es zumindest werden.“ Doch die Tücken des Materials waren ihr in den Anfängen noch fremd, so bogen sich die Beine und brachten das Tier zum Sturz. Ein ähnliches Schicksal erlitt auch Alex, der ängstliche Löwe aus dem Film „Madagaskar“, der die Torte von Tochter Mia anlässlich ihrer ersten Geburtstagsfeier zieren sollte: „Ich hatte alles am Morgen vorbereitet und fertig gemacht“, erzählt Lorena Seebahn, „als das Kunstwerk dann am Nachmittag auf den Tisch kam, fiel es in sich zusammen.“ Das passiert ihr heute nicht mehr.
Vorbereitungen helfen
Eine detaillierte Skizze, ein gutes Zeitmanagement, die notwendigen Kenntnisse von der Versiegelung des Backwerks und der richtige Umgang mit der Dekorationsmasse: All das hat sich die gelernte Buchhalterin mittlerweile angeeignet – durch Bücher, durch die Recherche im Internet und durch einen Kursus, den sie vor vielen Jahren besucht hat: bei einer der Koryphäen der Branche, einem der Stars der Sugar Art, einem argentinischen Landsmann. Wie passend. Und doch nicht wirklich zufällig.
Fernsehserie hat den Grundstein gelegt
„In unserer Heimat werden Feste ganz anders begangen als hier“, sagt Lorena Seebahn, „es wird viel gegessen, viel gebacken und auch viel dekoriert.“ Kein Wunder, dass es dazu auch die entsprechenden Anregungen gibt: „Schon als Kind hatte ich in einer Fernsehserie gesehen, wie den Zuschauern der Umgang mit Fondant, dieser weichen, aus Zucker bestehenden Modellier- und Überzugsmasse, gezeigt wurde.“ Jede Ausgabe der Serie hatte sie fortan gebannt verfolgt. Der Grundstein für ihre Leidenschaft war gelegt.
Träume verwirklichen
Fondant war aber teuer und in Argentinien auch nicht einfach zu erstehen – es blieb bei einem Traum, der sich erst verwirklichen sollte, als sie nach Deutschland kam: „Über eine Freundin habe ich meinen Mann, der mit dem Rad in Südamerika unterwegs war, kennen- und auch sofort lieben gelernt“, sagt die zweifache Mutter. Nach einer kurzen Zeit der Orientierung, des Wandels zwischen den Welten stand schnell fest: Das Paar wird in Europa leben. „So kam ich hierher.“
Für’s Seminar nach Leverkusen
Ihren Schritt hat sie nie bereut, kann sie doch hier das verwirklichen, was sie seit der Kindheit verfolgt, und einen Künstler treffen, der ihr dabei hilft: „Das war natürlich großes Glück, dass mit Carlos Lischetti ein Meister dieser Fachs nach Deutschland gekommen ist und ich einen Platz in seinem kleinen Seminar bekommen konnte“, sagt Lorena Seebahn. Das war 2017. An zwei Tagen lernten die Teilnehmenden in Leverkusen, eine Figur aus Fondant zu erstellen. Die hat sie auch heute noch.
„Ich habe dort tolle Erkenntnisse gewonnen“, sagt die Reppenstedterin, „habe unter anderem gelernt, wie sich Styroporformen als Unterlage oder Innenleben von Körpern nutzen lassen, weil reiner Fondant zu schwer wird, habe mir zeigen lassen, wie einfach sich Haare möglichst real gestalten lassen oder wie einzelne Teile mit speziellem Kleber zusammengefügt werden können.“
Meine Torten benötigen schon manchmal viele Tage, bis sie komplett sind, und erleben dann nur wenige Stunden, bis sie verschwinden […]Lorena Seebahn,
Tortenkünstlerin
„Gloria“, die ältere, grauhaarige Dame mit der perfekten Frisur und den Perlen in den Ohren, die mit einer Handtasche am Arm und in langem grünen Kleid mit weißem Spitzenkragen auf einen Stock gestützt die Augen geschlossen hält, ist die Trophäe, die Lorena Seebahn von Carlos Lischettis Kursus mit nach Hause nahm. Die Augen hat sie bis heute nicht geöffnet – wäre auch sinnlos: Sie lebt abgedunkelt in einer kleinen Kiste aus Styropor, vor Umwelteinflüssen und menschlichen Übergriffen geschützt. Ihre Kollegen erleben da ganz andere Schicksale.
Der kurze Augenblick der Überraschung
„Meine Torten benötigen schon manchmal viele Tage, bis sie komplett sind, und erleben dann nur wenige Stunden, bis sie verschwinden. Aber dafür sind sie letztlich ja auch da“, sagt die Künstlerin ganz nüchtern, „sie sollen ja auch gegessen werden.“ Es ist dieser kurze Augenblick der Überraschung, der Freude, der Anerkennung, den die Auftraggebenden ihren Kindern, Eltern, Männern oder Frauen schenken wollen – und Auftraggebende hat Lorena Seebahn mittlerweile mehr als genug.
Nachfrage groß, Angebot klein
Ihre Kunstfertigkeit hat sich rumgesprochen, in Reppenstedt, Lüneburg und weit darüber hinaus. Denn die Nachfrage ist groß, das Angebot klein. Freunde kennen Freunde und haben Verwandte: „Das geht dann doch schnell herum“, sagt die gebürtige Argentinierin. So schnell, dass sie eigentlich ein Geschäft aufmachen könnte. „Dazu sind die Auflagen in Deutschland aber viel zu hoch“, hat sie recherchiert, „das ist nicht so einfach.“ Und auch nicht unbedingt zu erstreben: „Das würde letztlich auch einfach viel zu viel Stress bedeuten, wenn ich Auftragsarbeiten in größerem Umfang erledigen müsste. Und dafür bin ich auch einfach viel zu perfektionistisch.“
Viel Spaß an der Sache
So wird es wohl vorerst ein Hobby bleiben, mit dem Lorena Seebahn auch nichts verdient: „Lediglich die Materialien lasse ich mir ersetzen“, sagt sie, „ansonsten habe ich einfach nur wahnsinnig viel Spaß an der Sache, freue mich über die Ergebnisse und genieße die Reaktionen.“ Pure Begeisterung.
» Wer sich einen Einblick von den Torten von Lorena Seebahn verschaffen möchte, kann ihre Facebook-Seite „Fünf&Fünf – Torten Design“ besuchen.