Mit Dieter Schröder ist es in etwa so wie mit Angela Merkel: Es gibt Generationen, die gar keine andere Person an ihrer politischen Spitze kennen als ihn. Nun ist Dieter Schröder kein Bundeskanzler und Thomasburg auch nicht Berlin – eine gewisse Hartnäckigkeit im Amt ist aber auch dem Feierabendpolitiker nicht abzusprechen, sitzt er auf seinem Sessel doch bereits so lange wie kein anderer in der Region. Verlässlichkeit, Geradlinigkeit und Sachverstand: Die Menschen in der Ostheide wissen, was sie an ihrem Bürgermeister haben. Und der würde eigentlich gerne mal das Feld räumen.
Unerwarteter Wahlsieg
Es war einem ungewöhnlichen Umstand zu verdanken, der dem damals 44-Jährigen unerwartet den Wahlsieg einbrachte – und seinen Vorgänger zu einer Tat mit fast historischer Reichweite veranlasste. Weil die Ratsmehrheit der Wählergemeinschaft das noch amtierende Ortsoberhaupt nicht bestätigen wollte, sah sich dieses zu einer Trotzreaktion gezwungen: Obwohl im Besitz eines christdemokratischen Parteibuchs, gab der damalige Bürgermeister einem Sozi seine Stimme – und legte damit den Grundstein für eine mittlerweile 31 Jahre andauernde Karriere.
Niemals eindimensional
Dabei war Dieter Schröder kein Unbekannter in der politischen Landschaft nahe der Elbe: Seit 1981 schon saß er im Gemeinderat, dem zuvor auch sein Bruder angehörte: „Als der aber nach Neetze umzog und das Gremium deshalb verlassen musste, bat er mich um mein Engagement.“ Gewisse dominante Berufsgruppen würden ansonsten machen, was sie wollten, befürchteten die Geschwister. Und das galt es zu verhindern.
Unzählige Stunden hat Dieter Schröder seitdem im Dienst der Gemeinde verbracht, hat Ratssitzungen vorbereitet und Anträge studiert, hat Bekanntmachungen ausgehängt und mit seinen Kollegen diskutiert, hat Fördermittel beantragt und Geburtstagskinder besucht, denn eindimensional ist der heute 74-Jährige in seiner langen Amtszeit nie gefahren. Musste er auch nicht. Als ausgebildeter Verwaltungsfachmann im gehobenen Dienst und zuletzt für die Wirtschaftsförderung zuständig, hatte er die Tücken der Bürokratie von der Pike auf gelernt. Und das befähigte ihn nicht nur zum Vertreter für die repräsentativen Aufgaben, sondern auch zu einem der administrativen.

„Besonders nett ist es natürlich, wenn man zu Goldenen Hochzeiten, runden Geburtstagen oder anderen besonderen Anlässen eingeladen wird.“Dieter Schröder
„Bis heute bin ich Bürgermeister und Verwaltungsdirektor in Personalunion“, sagt der zweifache Familienvater vergnügt, und das ist fast ein Halbtagsjob. „Nun gut“, räumt er ein, „man muss die Mitarbeiter beim Schneiden der gemeindeeigenen Obstbäume eigentlich nicht auch noch unterstützen.“ Doch das macht ihm Spaß – wie so vieles an seinen Aufgaben.
Aufgaben haben ihren Reiz
„Besonders nett ist es natürlich, wenn man zu Goldenen Hochzeiten, runden Geburtstagen oder anderen besonderen Anlässen eingeladen wird.“ Aber auch das Ausfüllen von Förderanträgen oder öffentlichen Ausschreibungen habe mitunter seinen Reiz, vornehmlich wenn es die Basis außergewöhnlicher Projekte bilde. Der Kindergarten war so ein Projekt. Ein Prestige-Objekt, sagt Dieter Schröder stolz.
Kindergarten in Thomasburg
Nicht jeder war davon anfangs so völlig überzeugt. Für den Bürgermeister lagen die Fakten aber ganz klar auf der Hand: „Warum sollten unsere Eltern ihre Beiträge nach Neetze oder Barendorf tragen, wenn wir mit ihnen auch den Betrieb einer eigenen Einrichtung finanzieren können?“, fragte er erst sich, dann auch die anderen – und bewies langen Atem. Eine Beharrsamkeit, über die er sich noch heute freut: „Der Kindergarten ist besonders für unsere Außendarstellung enorm wichtig und hat auch ganz sicher dazu beigetragen, dass es viele Familien nach Thomasburg zieht.“
Spaß am Erschaffen
Neubaugebiete könne er deshalb auch an jeder Ecke ausweisen, die Nachfrage sei riesig – die Erlaubnis vom Landkreis jedoch nicht: „Das geht nur scheibchenweise“, sagt Dieter Schröder nüchtern. Trotz allem ließe sich aber in so vielen Bereichen erkennen, wie sich der Ort mit seinen eingegliederten Gemeinden Bavendorf und Radenbeck und den Dörfern Wiecheln und Wennekath entwickelt habe, „und alles, was hier in den vergangenen Jahrzehnten so geschaffen wurde, habe ich mit in die Wege geleitet“, sagt er. „Das macht mir Spaß.“
Kurzer Weg zum Gemeindebüro
So viel, dass er die unzähligen Stunden auch einfach gerne investiert. Die verbringt er zumeist in dem kleinen Anbau an seinem Haus, hier hat er das Gemeindebüro untergebracht, schätzt den kurzen Weg: „Früher war dieses die Post“, erklärt er, „und da war meine Frau beschäftigt.“ Als der Konzern die Außenstelle schloss, baute Dieter Schröder die kleinen Räumlichkeiten für seine Zwecke um. „Die alte Fensterscheibe habe ich aber behalten“, erzählt er, „die besteht aus Panzerglas.“
Immer geeinigt, trotz hitziger Diskussionen
Das ist der Vorsicht aber doch zu viel, denn Anfeindungen oder böse Worte musste der Bürgermeister der „Perle der Ostheide“, wie die Gemeinde auch genannt wird, während seiner langen Laufbahn nicht ertragen: „Auch wenn die Diskussionen im Ort oder auch im Rat mitunter hitzig waren – in der Regel haben wir uns doch immer einvernehmlich geeinigt“, sagt er zufrieden, denn Wert lege nicht nur er auf Sachpolitik. „Alles andere ist ja auch kontraproduktiv.“
Bürgermeisterposten zu vergeben
Einen vergleichbaren Ansatz hat er auch immer in der Samtgemeinde vertreten – 36 Jahre war er auch in deren politischer Vertretung engagiert, war Ratsvorsitzender, hat Ausschüsse geleitet. „Das hat doch zusätzlich sehr viel Zeit in Anspruch genommen“, sagt er rückblickend. Seine aktive Fußballkarriere musste er auch deshalb irgendwann an den Nagel hängen und auch das Schiedsrichterwesen aufgeben. Und aufgeben würde er gerne auch demnächst seinen Bürgermeisterposten – bislang war noch kein passabler Nachfolger in Sicht. Und auch in diesem Punkt hat er mit Angela Merkel viel gemein.