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The Valley of Two Lakes

von Josephine Wabnitz
Erschienen: Zuletzt aktualisiert:

Endlich wieder Live-Verkostungen! Anfang Februar hatte ich die Chance, an meinem ersten Tasting seit Langem teilzunehmen: und was für eins! Aoife Hand (gesprochen: „Iih-fah”), die Botschafterin der irischen Destillerie Glendalough, stellte deren vielseitigen Produkte vor. Natürlich kamen sie und ich noch ein wenig ins Plaudern – da wusste ich gleich, dass ich über ihre Arbeit berichten möchte …

Aoife Hand kommt aus Tullamore, Heimat der bekannten Tullamore Distillery. Als Marketing-Studentin jobbte sie dort im Besucherzentrum und entdeckte ihre Liebe zum Whiskey (-ey übrigens immer, wenn er aus Irland oder den USA kommt, sonst -y). In der Schule hatte sie Deutsch gelernt und wollte unbedingt später im Berufsleben auch etwas damit anfangen. Als sie nach ihrem Examen Wind davon bekam, dass die Glendalough Distillery einen „Brand Ambassador” suchte, passte das perfekt. Seit Herbst 2021 wohnt sie nun in Düsseldorf und vertritt die Marke in ganz Deutschland.

Glühende Leidenschaft für Spirituosen

Gegründet wurde die Distillerie Glendalough (gesprochen: „Glen-dalock”) im Jahr 2011, wie Aoife berichtet: „Die Freunde Barry, Brian, Donal, Gary und Kevin teilten eine glühende Leidenschaft für die Welt der Spirituosen. Einige von ihnen hatten bereits mit bekannten irischen Whiskeyproduzenten zusammengearbeitet, andere kamen aus dem Bereich der Telekommunikation. Alle fünf hatten jedoch das Gefühl, nicht ihren wahren Traum zu verfolgen.” So fiel die Entscheidung, die eigene Arbeit an den Nagel zu hängen und gemeinsam die Kunst irischer Destillation zu ihren Wurzeln zurückzubringen.

Weniger Quantität, mehr Qualität

Glendalough, auch als „Valley of Two Lakes” bekannt, sei einer der schönsten Orte Irlands, versichert mir die gebürtige Irin. Der malerische Ort liegt umgeben von Wasser und Wäldern etwa 40 km südlich von Dublin. In diesem „Tal der zwei Seen“ entstand also Irlands erste „Craft Distillery”. Was das bedeutet, erklärt Aoife Hand: „Produziert wird weniger Quantität, Fokus liegt auf der sehr hohen Qualität. Ziel ist es, jede einzelne Flasche mit besonderer Sorgfalt zu behandeln, um so den Konsumenten einen einzigartigen Geschmack zu bieten.”

Whiskey und Gin

Zunächst wurde in Glendalough Poitín („Putscheen”) hergestellt, ein klarer irischer Schnaps aus Gerste, welcher ähnlich schmeckt wie ein Obstbranntwein, so die Markenbotschafterin. „Anschließend begann die Whiskey-Produktion, kurz darauf folgte 2012 der erste Gin.” Da laut Gesetz ein irischer Whiskey mindestens drei Jahre reifen muss und sich Gin im Vergleich wesentlich schneller produzieren lässt, setzte die Firma von Anfang an auf beide Spirituosen.

Foto: nh/tonwert21.de

In dieser Ausgabe lerne ich „Craft Whiskey” aus Irland kennen. Nach drei ereignisreichen Jahren, in denen ich monatlich in der PRISE über Wein & Co. berichtet habe, ist dies mein letzter Artikel. Inzwischen befinde ich mich im fünften Semester meines Studiums der Internationalen Weinwirtschaft, dieses nimmt immer mehr meiner Zeit in Anspruch. Es hat mir unglaublich viel Freude gemacht, immer weitere Themen der Weinwelt zu erkunden und darüber zu schreiben – gelernt habe ich dabei eine ganze Menge. Ich bedanke mich herzlich bei allen treuen Leser:innen – besonders für das tolle Feedback, was ich immer wieder zu hören bekam. Macht’s gut und … auf Euer Wohl!

Der irische Heilige St. Kevin

Als ich sie nach der Abbildung auf dem Etikett frage, erzählt Aoife mir: „Heute noch ist der Ort Glendalough für seinen irischen Heiligen St. Kevin berühmt, der dort während des sechsten und siebten Jahrhunderts lebte. Als Sohn des Königs von Leinster wollte er seinem Geburtsrecht nicht folgen, sondern seinen eigenen Weg im Leben gehen. Sieben Jahre lang zog er auf der Suche nach Selbstfindung durch Irland. Einer Erzählung zufolge soll er schließlich, in Glendalough im See stehend, so sehr von der schönen Landschaft überwältigt worden sein, dass er vor Ehrfurcht die Arme ausbreitete. Eine Amsel soll ihn dann mit einem Baum verwechselt und ein Ei in seine Handfläche gelegt haben. 

St Kevin, der dies als Test seiner Stärke und Entschlossenheit betrachtete, stand drei Tage lang still, bis aus dem Ei ein Vogel schlüpfte.” Diese Geschichte habe die Gründer der Destillerie so inspiriert, dass sie nicht nur Glendalough als Ort für ihre Produktion ausgewählt haben, sondern St Kevin seitdem auf ihren Etiketten abbilden. Auf jeder Flasche sind zudem die Worte „Stand Apart” gedruckt – das Motto der Destillerie.

Nachhaltigste Destillerie

Die einmalige Natur rund um ihren Standort zu bewahren, haben sich die Glendalough-Gründer zur Mission gemacht: 2021 gewannen sie den Preis für die nachhaltigste Destillerie Irlands. Gründe für den Sieg gab es mehrere; so werden etwa die Botanicals für die Gins von Hand gepflückt. Dafür begebe sich die Sammlerin Geraldine Kavanagh tatsächlich mit einem kleinen Korb in die Wildnis und schneide nur das nötigste ab. „Weiterhin benutzen wir als eine von nur zwei irischen Destillerien heimische Eiche für unseren Whiskey. 

Diese Fässer verleihen der Spirituose einen ganz besonderen und wunderbaren Geschmack – aber natürlich entnehmen wir dafür Holz aus unserer Umgebung. Als Ausgleich pflanzen wir im Glendalough-Wald für jeden gefällten Baum sieben neue Setzlinge.” Für die Zukunft gebe es noch weitere Pläne, die Nachhaltigkeitsaspekte der Destillerie auszubauen – selbst bei steigender Popularität und Nachfrage wolle man nicht in Masse produzieren, sondern an den bestehenden Prinzipien festhalten.

Whiskey nach typisch irischem Rezept

Während der Verkostung schließlich sticht der süßlich-malzige Pot Still Whiskey besonders heraus. Hergestellt wurde er nach einem typisch irischen Rezept; entstanden „im 17. Jahrhundert, als in Irland noch besonders viel Malt Whiskey produziert wurde. Auf die dafür verwendete gemälzte Gerste erhob England eine Steuer, woraufhin die Hersteller kreativ wurden. Ab sofort mischte man einen großen Teil ungemälzte Gerste hinzu, was nicht nur die Menge an zu zahlenden Steuern senkte, sondern auch einen neuen Geschmack im Whiskey hervorbrachte”, weiß Aoife. Typische Aromen seien getrocknete Früchte, dunkles Holz bis hin zu erdig-würzigen Noten, welche sich allesamt im Glendalough Pot Still wiederfinden. Die (ebenfalls typisch irische) dreifache Destillation macht den Whiskey besonders weich am Gaumen – herrlich!

Gin mit Rosen- und Kräutergeschmack

Als kleines Bonbon probieren wir zum Abschluss noch den „Rose Gin”. Dieser entstand ursprünglich in Erinnerung an Rose, die verstorbene Mutter des Master Blenders. „Mit den Rosen aus ihrem Garten kreierte Rowdy diesen wunderbar frischen, blumigen Gin zunächst für eine Familienfeier. Die Spirituose kam so gut an, dass wir sie in der Produktreihe unserer Destillerie aufnahmen.” Beim Probieren teile ich diese Begeisterung: mit feinem Rosen- und Kräutergeschmack eignet sich der Gin prima als Aperitif oder zum Mischen eines fruchtigen Gin Tonics. 
Nach dem Tasting geht für mich ein spannender Abend zu Ende: Ich habe Neues gelernt, eine nette Bekanntschaft geschlossen – und werde definitiv in der Zukunft die Augen für Glendalough-Kreationen offenhalten!

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