Ein Kind ist kein Kind, zwei Kinder sind gewöhnlich, drei Kinder sind schon fast asozial. Nun gut, ganz so krass ist es in der Familienpolitik noch nicht – Nachwuchsreichtum führt aber mitunter zur Armut und ganz sicherlich zu vielfältiger Benachteiligung. Auch beim Thema Urlaub. Weil ihn eben dieses ärgerte, hat sich Christian Wilms zunächst Gedanken gemacht, dann einen Plan entwickelt und mittlerweile ein Geschäft daraus erschaffen: In seinen eigens konzeptionierten und konstruierten Hardtop-Kabinen finden Eltern und bis zu drei Sprösslinge einen Schlafplatz. Auch seine eigenen.
Pick-up mit Zelt
„Die ganze Idee ist ursprünglich dadurch entstanden, dass ich mit meinem Ford Taunus an den sogenannten Viertelmeile-Rennen teilgenommen habe und eine Zugmaschine benötigte“, erinnert sich der Metallbaumeister. Deshalb legte er sich einen Pick-up zu – und widmete diesen noch einer weiteren Funktion: Auf dem Autodach wurde ein Zelt montiert, in dem auch seine Frau und sein kleiner Sohn einen Platz zum Schlafen fanden. Für eine gewisse Zeit ein gutes Konzept.
Inspiriert durch Dokus
Dann musste das Rennauto in die Werkstatt, und Christian Wilms orientierte sich neu: „Ich bin dann eben mit dem Geländewagen durch Offroad-Parks und später mit einer geführten Gruppe durch die Sahara gefahren“, sagt er. Und gerade Letzteres hatte einen guten Grund: Es waren die Dokus von Heinz Sielmann über diesen so speziellen Ort der Erde, die der Lüneburger als Kind verfolgt hatte und deren Bilder ihm nicht mehr aus dem Kopf gingen – bis er sie selbst sah.
Mut zur Selbstständigkeit
„Irgendwann saß ich dann dort auf dieser Düne und dachte mir: Als Scout arbeiten – das will ich auch“, sagt der Familienvater. Also kündigte er seinen Job als Sozialarbeiter für Handwerks-Quereinsteiger, schrieb einen Business-Plan und wollte ein Unternehmen gründen, das sich speziell den Bedürfnissen von Familien widmet. „Es sollten geführte Reisen werden, vorzugsweise durch Skandinavien.“ So sollte sich eine Tour auf den Spuren des kleinen Nils Holgerssons bewegen oder eine andere auf den Schauplätzen von Pipi Langstrumpf. Doch bewegen konnte sich am Ende gar nichts. Im Gegenteil.
Corona beendet Projekt
„Corona kam, und damit war das Projekt beendet, bevor es überhaupt begonnen hat“, erzählt Christian Wilms, der sich dann auf sein zweites mögliches Standbein fokussierte – den Hardtops für Familien. „Meine eigene war mittlerweile angewachsen, mein Frust aber auch: Für Eltern mit drei Kindern war ein solcher Aufbau nicht zu bekommen.“ Also konstruierte er diesen selbst, in den unterschiedlichsten Ausführungen für die unterschiedlichsten Bedürfnisse: Ob für den Urlauber oder den Alltag, für Handwerker, Extremsportler, Abenteuersuchende oder Menschen aus dem Bereich Land und Forst.
Hardtops für Familien
So gibt es nun eine Version genannt „Der Kleine“, mit dem die Ladefläche vergrößert werden kann, oder „Der Lieferant“, der noch zusätzlich über einen Dachgepäckträger verfügt, oder „Der Monteur“, der ein integriertes Zelt zur Verfügung stellt. Und da gibt es aber auch die Kabine „Der Reisende“, mit der eine fünfköpfige Familie in den Urlaub fahren kann. Fabrikat unabhängig lässt sich auch dieses Modell montieren, hat ein Dachzelt mit Platz für zwei Erwachsene und ein Baby und optional noch Erkerkabinen, in denen auf 1,40 Metern Länge jeweils ein Kind bequem schlafen kann. Die eigentliche Ladefläche bleibt dabei unangetastet – und auch das ist das Besondere.
Steigende Rohstoffpreise
Besonders erfolgreich ist Christian Wilms aber auch mit diesem Geschäftskonzept noch nicht, und das liegt nicht an seinen Ideen: Corona blieb – und damit stiegen auch die Rohstoffpreise. „Ich hatte zwei Jahre für die Entwicklung meiner Konstruktionen benötigt und stand nun in den Startlöchern, ließ die Hardtops von seiner Lehrfirma fertigen.“ Bei ihm verblieb letztlich Endmontage, Handel und Vertrieb. Das musste er ändern: Vor Kurzem gründete er mit Metallbau Wilms eine neue Firma, stellt die Hardtops nun selbst her. „Das vergrößert die Marge und macht mich flexibler.“ Neben seinen eigenen Konstruktionen für den Fahrzeugaufbau fertigt Christian Wilms nun auch Vordächer, Treppen oder Gartenzäune und sichert so das Einkommen.
Zukunft offen
Wie es mit der „Allrad-Familie“ – so heißt die kleine Firma mittlerweile – weitergeht, steht in den Sternen, denn „die Leute sind angesichts der aktuellen Lage alle so verängstigt, zudem sind die Diesel-Preise durch die Decke gegangen und Elektro-Autos auf dem Vormarsch. Das ist für mein Gewerbe ja nun keine gute Entwicklung“, sagt Christian Wilms. Aufgeben wird er aber nicht, wirbt auch weiterhin auf den Sozialen Medien und mit einem außergewöhnlichen Logo, das seine Familie zeigt und auch seine Merchandising-Artikel dekoriert.
Zum Campen nach Schweden
Seine Familie – die wird auch weiterhin Urlaub unter dem Hardtop machen, denn das war schließlich die Keimzelle aller Ideen: „Wenn ich überlege, dass wir mit einem Pavillon begonnen haben, der uns vor Nässe schützen sollte, wenn wir aus dem Dachzelt kamen, haben wir uns doch enorm entwickelt.“ So wird es in diesem Sommer auch wieder auf Tour gehen – sollte nichts dazwischenkommen. „Wahrscheinlich wieder nach Schweden“, sagt der Metallbaumeister, „das ist fürs Campen einfach ideal.“
Sollte das mal jemand testen wollen, der über keinen Camper verfügt, ist auch der bei der „Allrad-Familie“ an der richtigen Adresse: „Vom Dachzelt bis zur Hardtop-Kabine kann man bei uns alles leihen“, sagt Christian Wilms, „Pick-up inklusive.“