Von Ben Boles
Die Unterhaltungsbranche und speziell die Musikwelt ist voll von schillernden Persönlichkeiten und Menschen, für die das Rampenlicht und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit so elementar und lebenswichtig sind wie die Tasse Kaffee oder Tee am Morgen. Doch für deren Glanz und Ruhm braucht es ein ganzes Räderwerk an fleißigen Händen, kreativen Köpfen und emsigen „Arbeitsbienen“, die unaufgeregt und gänzlich unauffällig ihr Handwerk verrichten und damit erheblichen Anteil am Erfolg haben. Wir nehmen Euch mit auf eine Reise hinter die Kulissen der Glamourwelt der großen Bühnen und besuchen stellvertretend für die unzähligen stillen Helfer drei „heimliche Stars“ in Lüneburg.
Die Tonzauberer
Sich mit Mitte zwanzig als Musikproduzenten selbstständig zu machen, ist ein mutiger Schritt. In der Branche gelten nach wie vor drei Dinge als Erfolgsgarant: Erfahrung, Erfahrung und Erfahrung. Das kümmerte die Lüneburger Julia Bergen und David Bonk allerdings nicht. Immerhin verfügen beide über außergewöhnliche musikalische Talente und ein feines menschliches Gespür.
Die Geschichte um ihren ersten Firmennamen liest sich wie die Vorlage zur Detektivserie „Remington Steel“. „Uns war schnell klar, dass wir als junges Produzenten-Team von den großen Plattenfirmen kaum ernst genommen würden“, erklärt David Bonk die Idee. „Also erfanden wir ,Ludi Boberg‘, ein Name, der nach einem alten Produzentenhasen klingt.“ Der Trick funktionierte. „Seine Produktionen wurden als cool empfunden und wir gaben uns als Mitarbeiter vom großen ,Ludi‘ aus, der leider nie Zeit hatte zu telefonieren“, lacht Julia Bergen. Nach sechs Monaten gab es die erste „Echo“-Nominierung und heute sind sie mit zwei Titeln sogar auf dem aktuellen Helene Fischer-Album vertreten.
Eine Frau als Teil eines erfolgreichen Produzenten-Teams ist übrigens auch noch im 21. Jahrhundert eine Seltenheit, Julia Bergen musste zu Beginn hart für ihre Akzeptanz in der Branche kämpfen. „Es kam vor, dass mich Top-Manager von Plattenfirmen zum Kaffeemachen schicken wollten, während sie mit David übers Geschäft reden. Das hat sich allerdings immer schnell erledigt, wenn David sie darauf aufmerksam machte, dass der Song, den sie da gerade unbedingt haben wollen, aus meiner Feder stammte.“ Da geht noch was, meine Herren. Für „DaJu-Productions“, wie sich heute nennen, gilt das auch. Es geht nach oben!
Ganz oben ist man als Musiker angekommen, wenn man es auf die Bühne der Elbphilharmonie geschafft hat. Damit das Auditorium gut präpariert in das Konzert kommt, bietet die „Elphi“ einen besonderen Service an. Es gibt eine Konzerteinführung, in der auf wesentliche Elemente des Konzertes, harmonische Besonderheiten, aber auch auf biografische Bezüge eingegangen wird. Dazu benötigt man Menschen, die dafür über das nötige Wissen, Eloquenz und Musikalität verfügen. Einer davon lebt in Lüneburg.


Der Musikerklärer
Klaus Wiegmann ist ein wandelndes Musiklexikon. Doch anders als bei der Druckversion versteht er es, sein Wissen auf so unterhaltsame Art zu vermitteln, dass man ihm stundenlang dabei zuhören mag. Sein Wissen verdankt er einem profunden Studium der Musikwissenschaften. Gepaart mit außerordentlichem musikalischen Talent, Virtuosität und Vielseitigkeit am Piano und einer besonderen Liebe zur Musik ist es beinahe logisch, dass aus ihm ein Konzerteinführer wurde.
Ja, den Beruf gibt es tatsächlich. Klaus Wiegmann führt bereits seit 2008 in der Laeiszhalle und seit 2016 auch in der Elbphilharmonie Konzertbesucher an die zu erwartende konzertante Musik heran und macht das Konzert dadurch zu einem noch größeren Genuss. „Ich bin immer noch nervös vor jeder Veranstaltung und bereite mich akribisch darauf vor“, verrät er in seiner gemütlichen Musiker-Kemenate mitten in der Lüneburger Altstadt. „Deshalb bin ich meistens besser vorbereitet als die meisten meiner Kollegen“, lacht er. Zur Vorbereitung gehört auch, dass er stundenlang am Piano sitzt und die jeweiligen Stücke bis zur Perfektion einstudiert. Sehr zur Freude seiner Umgebung. „Ich habe nicht selten Nachbarn zu Besuch, die auf einen Tee oder Kaffee vorbeikommen und mir zuhören“, freut sich der gebürtige Warendorfer.
Er ist ja Publikum gewohnt. Mitunter lauscht seinen Konzerteinführungen der komplett ausverkaufte große Saal mit 2100 Besuchern. „Das ist schon was. Das beschert mir jedes Mal eine Gänsehaut. Der ganze Saal voller Menschen und es ist mucksmäuschenstill, weil einem alle gespannt zuhören. Manchmal kommen sogar Dirigent oder Solist dazu und unterstützen mich mit Worten oder Musik. Dann hat es etwas Magisches für mich und die Zuhörer.“ So klingt es, wenn jemand seine Bestimmung gefunden hat. Die hört allerdings längst nicht bei Konzerteinführungen auf. Klaus Wiegmann ist Musiker und Komponist mit Leib und Seele. Er schreibt eigene Musicals, komponiert für Orchester, Film und Fernsehen. Er spielt Konzerte oder begleitet andere Künstler am Klavier. Wie kürzlich erst die große Sopranistin Kathryn Wieckhorst bei der Vernissage der Kunstausstellung in der Salztherme Lüneburg. Und wenn er am Piano sitzt und spielt, dann versteht man ihn ohne ein Wort.
Der Holzverzauberer
Auch vor der Welt der Musik macht der Fortschritt nicht halt und im Zeitalter der Digitalisierung verwundert es nicht, dass man den Klang beinahe jeden Musikinstrumensts bequem per Computer generieren kann. Doch gerade in unserer codierten Welt ist die Begeisterung für den Klang eines „echten“ Instruments und für diejenigen, die so ein Gerät noch bedienen können, größer denn je. Ob es die großen Virtuosen sind oder der bärtige Typ ist, der am Lagerfeuer oder bei der Geburtstagsparty in die Saiten seiner Klampfe haut und für leuchtende Augen sorgen. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie brauchen ein Instrument. Doch das will erst einmal gebaut werden. Thomas Thämlitz hat sich ganz dem Instrumentenbau und dem Klang des Holzes verschrieben.
„Holz hat mich immer schon fasziniert und ich habe aus Spaß am Anfang alles mögliche gebaut, was man mit Holz eben so baut. Computergehäuse, Möbel und irgendwann dann auch Gitarren“, schildert er seine Anfänge. Und bald zeigte sich: Er ist ein echtes Naturtalent mit Holz im Blut. Seine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann nutze ihm ebenso wenig wie das Orientieren an dem Wissen anderer Instrumentenbauer. „Learning by doing“ war angesagt. Und so baute er seine erste Gitarre so, wie er es sich vorstellte, mit einer Idee und einem Ton im Kopf, wie sie am Ende klingen sollte.
Und – sie klang gut. Das war das Modell No 1. So nannte er sie dann auch. Dann kam der schwerste Teil. Da er sich mittlerweile im Jahr 2010 als Instrumentenbauer selbstständig gemacht hatte, gehört das Verkaufen seiner Schöpfungen existenziell dazu. „Das ist für mich immer noch schwer“, gibt er zu. „Wie ein Maler, der ein gelungenes Bild nicht loslassen und abgeben kann, blutet mir bei jedem verkauften Instrument das Herz.“ Und doch freut er sich natürlich darüber, dass sich seine Instrumente wachsender Beliebtheit erfreuen. Sein Wissensdurst ist dabei unstillbar und seine Entdeckungslust ausgeprägt. So baut er längst nicht mehr „nur“ Akustikgitarren, sondern auch E-Gitarren, E-Bässe und wagt sich auch längst erfolgreich an die Königin der Instrumente, die Violine. Die Modellbezeichnung hat er übrigens seit seiner „Nummer 1“ beibehalten. Er nummeriert seine Klangkörper einfach weiter durch und ist mittlerweile jenseits der 200 angelangt. Zeitdruck kennt der gebürtige Rügener dabei überhaupt nicht. „Jedes Instrument braucht seine Zeit und die gebe ich ihm.“ So kommt es, dass er im Jahr kaum über ein Instrument pro Monat hinaus kommt. „Dass ich davon leben kann, ist für mich ein großes Glück.“ Seine Werkstatt hat Thämlitz übrigens in einem Hinterhof im Herzen Lüneburgs und dort findet ihn nur, wer ihn finden will. Das sagt alles über den Thomas mit Holz im Blut: „Kaum einer weiß, dass es mich hier gibt und ich kann in Ruhe arbeiten. Ist das nicht herrlich?“, lacht er. So herrlich wie der Klang seiner Instrumente. Und ich halte mein Versprechen. Wo man ihn findet, wird nicht verraten.
