Bei oberflächlicher Betrachtung verbindet die beiden nichts: Weder Optik, noch Alter und auch nicht der Beruf. Es ist vielmehr etwas Tiefgründiges, was Marcel Mindorf und Chris Schwarz zu guten Kumpels und Seelenverwandten macht: Kreativität und die Lust, diese zu leben. Auszuleben. Der eine am Herd, der andere hinter der Kamera. Aus einer Schnapsidee ist vor einiger Zeit so ein erfolgreiches kleines Projekt geworden, welches sich immer weiter entwickelt. Und immer mehr Freunde hat.
Aus der Bierlaune heraus
„Mach den Teller voll“ ist Idee, Konzept und Arbeitstitel dessen, was sie vor zwei Jahren aus einer Bierlaune heraus geboren und stetig professionalisiert haben: Ein Wandkalender in großem Format mit zwölf Gerichten für zwölf Monate und einer ganz eigenen Geschichte. Und die ging so: „Wir wohnen durch Zufall im selben Haus“, erzählt Chris Schwarz, der seine Brötchen mit Fotografie und Grafikdesign verdient, „und waren uns eigentlich ziemlich schnell ziemlich sympathisch.“ So sympathisch, dass die beiden gelegentlich das ein oder andere Bier zusammen tranken.
„Im Laufe dieser Abende unterhielten wir uns auch mal über Rezepte“, erinnert sich der Kameraexperte, „so intensiv, dass wir eine Hitliste der Speisen unserer Kindheit aufstellten und dabei feststellen mussten, dass unsere Mütter doch die besten Köchinnen waren und das, was sie auf den Tisch brachten, uns fürs Leben prägte.“ Mittlerweile aber verschollen war.
Zwölf Rezepte Hausmannskost
Fertigpizza und tiefgekühlte Fischstäbchen, Dosensuppen und panierte Schnitzel – nicht nur Marcel Mindorf fragte sich, ob der Nachwuchs heutzutage überhaupt noch weiß, wie Püree aus frischen Kartoffeln und eine Gemüsesuppe aus regionalem Grünzeug schmeckt. Als Koch mit Erfahrung im Ausland und Sterneküche hat er das Handwerk, die Antwort zu geben. Und das war der Plan. „Chris hatte schon länger Freunde, Kunden und Familie zu Weihnachten mit Kalendern beglückt, die er mit den Ergebnissen seiner Arbeit füllte“, sagt Marcel Mindorf, „und da setzten wir an.“ Zwölf Rezepte aus der Schublade Hausmannskost, kreiert und angerichtet von dem einen und dann in Szene gesetzt von dem anderen Profi sollten entstehen. Und das gelang.
Mit Einkaufsliste und Anleitung
„Alle Gerichte in unserem Kalender für 2021 sind alltagstauglich und einfach zu kochen“, sagt der Experte am Herd, „da gibt es selbst gemachten Rollmops und Gockel auf Reis, Pancakes mit Jackybeeren und Knödel auf Pfifferlingrahm – alles mit Einkaufsliste und Anleitung und einem Tipp zum Anrichten. Denn auch das ist wichtig.“ Hausmannskost wurde zum Kunstwerk, das Essen zum Erlebnis, aber auch nur, weil der andere Profi noch Hand anlegte.
Gnadenlose Kritikerinnen
Der erklärt: „Während Marcel kocht, bringe ich meine Lichter und Kameras an seinem Küchentisch in Position, und wenn er fertig ist, beginnt mein Job.“ Künstlich nachgearbeitet wird an den Gerichten nichts, alles ist ganz frisch gemacht – getestet. Die Kritikerinnen sind gnadenlos: „Unsere Frauen probieren, was auf den Tisch und dann in den Kalender kommt. Und was nicht zusagt, fällt eben durch.“
Wir mussten feststellen, dass unsere Mütter doch die besten Köchinnen waren und das, was sie auf den Tisch brachten, uns fürs Leben prägte.Chris Schwarz
Das passiert aber äußerst selten, und mitunter wird eine Meinung auch mal überstimmt, wie Chris Schwarz erzählt: „Unseren zweiten Kalender, der für dieses Jahr erschienen ist, haben wir unter das Motto Suppen gestellt. Die mit den Kirschen und Nockerln war nicht meins, da waren aber alle anderen einer Ansicht.“ Und so hat auch sie es auf die Seiten geschafft. Zudem auch die mit der pürierten Roten Bete, dem asiatischen Huhn, den eiskalten Gurken und dem gepoppten Corn. „Und das Großartige an diesem Kalender ist, dass wir mittlerweile auch einen Sponsoren haben“, sagt der Fotograf – die Bäckerei Kruse aus der Region.
Unterstützer für den Kalender
So gibt es die Suppen nicht nur elegant und kreativ inszeniert, sondern auch mit einen Stück Brot ergänzt, zu jedem Rezept eine andere Sorte, deren Besonderheiten, Geschmack und Inhaltsstoffe detailliert erläutert sind. Gewinnen konnten die beiden Künstler aber nicht nur einen Förderer, sondern auch einen Verlag: Seit vergangenem Jahr ist das Haus Calvendo aus Unterhaching mit im Boot, hat die Kalender der beiden Lüneburger mit im Angebot. „Unser Hausmannskost-Exemplar wird in 2023 dann noch einmal mit neuen Monatsblättern erscheinen“, sagt Marcel Mindorf, „so werden wir das dann auch mit den anderen Ausgaben handhaben.“
Lokal gut aufgestellt
Professionalisiert haben die beiden Experten derweil aber nicht nur die Vervielfältigung und den nationalen Vertrieb – auch lokal sind sie jetzt bestens aufgestellt, wie Marcel Mindorf sagt: „So sind wir mit unseren Kalendern unter anderem bei Tschorn vertreten und bei Lünebuch, und auch bei der Lüneburg Marketing findet man uns, da allerdings in kleinerem Format.“
Das große wird aber das Kernstück bleiben – und das wird auch für 2023 wieder neu aufgelegt. Unter welchem Motto wollen die beiden Kreativköpfe noch nicht verraten, eins ist aber jetzt schon klar, wie Chris Schwarz erklärt: „Es wird zu den einzelnen Rezepten auch jeweils einen QR-Code geben, mittels dessen man in bewegten Bildern detailliert verfolgen kann, wie Marcel die Speisen zubereitet.“
Wie das dann ankommt, wird sich zeigen – und auch die weitere Zukunft ist noch offen. „Vielleicht werden wir uns beruflich irgendwann ganz auf diese Sache konzentrieren, vielleicht aber auch nicht“, meint der Fotograf. Letztlich spielt das aber auch keine Rolle: „Hauptsache, wir haben Spaß“, sagen die beiden unisono, „und bleiben kreativ.“ Die Chemie jedenfalls stimmt.