Es gibt Wörter, bei denen die meisten Menschen spontan ein bestimmtes Bild vor Augen haben. Rehabilitation ist so ein Wort – und daran ändert auch seine Kurzform nichts. Wer an Reha denkt, hat in der Regel ältere Männer oder Frauen vor Augen, die sich über Yoga-Bälle rollen, an Therabändern ziehen oder mit Schwimmnudeln im Wasser turnen. „Wiederherstellung“, was der Ausdruck im eigentlichen Sinne bedeutet, benötigen aber nicht nur Seniorinnen und Senioren: Auch jüngere Leute, die einen Unfall hatten oder körperlich vorbelastet sind, nutzen medizinisch verordnete Maßnahmen, um wieder umfänglich am Leben teilhaben zu können. Für viele ist das ein echter Neustart.

Saskia Ewert
Ein Leben ohne Sport? Für Saskia Ewert unvorstellbar. Gut drei Stunden am Tag war sie regelmäßig körperlich aktiv, hat Handball gespielt, Jiu Jitsu gemacht, zudem beim Judo gekämpft – bis ihr das Knie in die Quere und sie anschließend in die Reha kam: Heute kann sich die 17-Jährige wieder ganz normal bewegen und ihrer großen Leidenschaft nachgehen. Allein das Pensum hat sie ein wenig reduziert. „Es war 2018“, erinnert sich die Schülerin, „als ich beim Training immer stärkere Probleme mit dem Gelenk bekam.“ Die Vermutung von Freunden und Familie wurde medizinisch bestätigt: zu viel Sport. Saskia Ewert machte eine Pause. „Etwa drei Monate habe ich das durchgehalten, dann wieder leicht begonnen“, berichtet sie – das Resultat ließ nicht lange auf sich warten: „Zwei Tage später hatte ich beim Aufstehen derart schlimme Schmerzen im Knie, dass ich sofort zum Arzt gegangen bin.“ Eine Operation in der Hamburger Kinderklinik und weitere Untersuchung brachten neue Erkenntnisse: „Das Problem war, dass ich – möglicherweise genetisch veranlagt – sowohl einen sogenannten Scheibenmeniskus hatte, also keinen sichelförmigen, sondern einen runden Meniskus, der bei Bewegungen eingeklemmt wird und daher Schmerzen verursacht“, erklärt die 17-Jährige, „aber auch einen Innenmeniskusriss, der jedoch nicht behoben werden konnte, weil er zu klein war.“ Was folgte, war ein langer Leidensweg: Physiotherapie und Lymphdrainage, Arztbesuche und trotz allem übelste Beschwerden.
Schmerzen trotz Operation
„Letztlich bin ich wieder im Krankenhaus gelandet, wurde erneut operiert, da der Riss sich in der Zwischenzeit vergrößert hatte“, erzählt die Schülerin. Sechs Wochen durfte sie nicht auftreten, sechs Monate keinen Sport treiben, und als die dann wieder loslegte, war der Schmerz auch wieder mit dabei. Den Zustand akzeptieren wollte sie aber nicht. Sportphysiotherapie war der letzte Versuch, der schließlich zum Erfolg führte: „Ich habe unter Anleitung wahnsinnig viel Kraft trainiert, Stabilitätsübungen gemacht, bin viel Rad gefahren.“ Und auch wenn sich eine schnelle Besserung nicht einstellen wollte, hat sie sich nicht entmutigen lassen. „Ich hatte mit Fynn Petersen einen engagierten Therapeuten an meiner Seite, der mich immer wieder aufgebaut hat, mit mir trainiert und einen gezielten Plan für das Fitnessstudio geschrieben hat, sodass ich heute auch wieder kämpfen kann.“
Am Anfang war die Angst immer mit auf der Matte, ihr Ziel hat die 17-Jährige aber nie aus den Augen verloren. „Auch wenn ich Handball aufgeben musste, weil es wie Jiu Jitsu und Judo zu sehr auf die Knie geht, bin ich doch total glücklich, dass ich mich wieder fast schmerzfrei bewegen kann“, sagt sie und strahlt. Der Erfolg gibt ihr Recht: Vor Kurzem hat sie sich für die Norddeutschen Meisterschaften in ihrem Kampfsport qualifiziert.
Heike Kasten
Jede Minute des Tages hatte Heike Kasten Schmerzen. Jeden Tag der Woche und jede Woche des Jahres. „Das war so schlimm, dass ich zum Teil nur noch hundert Meter gehen konnte“, erinnert sich die Lüneburgerin. Irgendwann war der Leidensdruck zu groß, die Operation unausweichlich – jetzt lebt sie mit zwei künstlichen Hüftgelenken.
„Es ist einfach unfassbar quälend, wenn die Knochen aufeinander reiben, die Arthrose immer weiter fortschreitet“, sagt die Buchhändlerin, „da hat man dann irgendwann nicht mehr die Wahl.“ Und man weiß nach dem ersten Eingriff, was einem beim nächsten bevorstehen wird – ein Zustand, der aber auch Vorteile birgt: „Durch meine Tochter bin ich zur Physiotherapie gekommen und habe dann schon vor der zweiten Operation mit den Behandlungen angefangen.“ Das sei hilfreich gewesen.

Rückkehr ins Leben
Warm aufgenommen habe man sie, sei zartfühlend mir ihr umgegangen: „Auch meinen Narbenschmerz haben sie großartig in den Griff bekommen.“ Die Lymphdrainage habe schnelle Erfolge gebracht, die Anwendungen die Beweglichkeit wiederhergestellt. „Da ist man selbst aber auch gefordert“, sagt Heike Kasten, „und das ist auch gut so.“ Denn letztlich könne der Heilungsprozess nur dann in Gang kommen, wenn der Patient selbst seinen Beitrag dazu leistet. „Sich nur auf die Liege zu legen und warten, dass was passiert, hilft nicht.“ Immer neue Übungen habe sie kennengelernt, „damit das nicht langweilig wird“, sei dann auch Teil der T-Rena geworden. „Das ist eine trainingstherapeutische Rehabilitationsnachsorge, bei der gerätegestützt die Leistungsfähigkeit nach der Reha wiederhergestellt werden soll“, erklärt die 58-Jährige. Insgesamt 30 Stunden umfasst die Maßnahme, bei der erst unter Anleitung, später dann auch allein ein individueller Trainingsplan abgearbeitet wird.
„Das ist zwar schon ein ordentliches Programm, wenn man mehr als voll berufstätig ist, ist aber auch durchaus sinnvoll.“ Zwei- bis dreimal pro Woche nahm sie das Training schließlich wahr.
Heute kann Heike Kasten wieder „alles machen“, fühlt sich „fitter als viele andere Menschen in ihrem Alter“ und betrachtet die investierte Zeit als einen entscheidenden Beitrag zu ihrem persönlichen Neustart – frei nach dem Motto: „Turne bis zur Urne“, sagt sie und lacht.
Zudem habe sie durch das Training gelernt, aus der Komfortzone auszubrechen: „Ich walke viel in der Natur, mache Übungen vor dem Fernseher und fahre Rad.“ Ohne die Physiotherapie, da ist sie sich sicher, wäre das alles nicht möglich geworden. „Letztlich liegt es aber auch an einem selbst, inwieweit man bereit ist, seinen eigenen Beitrag zur Heilung leisten zu wollen“, sagt sie, „und welche Anregungen man genau dazu bekommt.“

Bjarne Sander
Bjarne Sander hatte einen dieser Momente, die das Leben nachhaltig verändern: Vor drei Jahren war der American Footballer mit seinen Lüneburger Razorbacks bei einer wichtigen Begegnung in Schwarzenbek. Ein ambitionierter Spieler sprang ihm von der Seite in die Knie und zerstörte dabei fast alles, was das Gelenk zusammenhält.
„Zum Football gehört es einfach dazu, dass Du mit Körpereinsatz und Technik versuchst, deinen Konkurrenten auszuschalten“, sagt der 29-Jährige. Gefährlich werde es nur dann, wenn die falsche Stelle getroffen werde. Und das sei bei ihm der Fall gewesen: „Die Kniescheibe war draußen, alle Bänder komplett gerissen, und eigentlich hing der Rest dann nur noch an der Muskulatur. Was folgte, war ein Höllenritt. Eine Dreiviertelstunde wartete Bjarne Sander in Schwarzenbek auf den Notarzt, wurde dann in der Klinik in Geesthacht geröntgt – und nach Hause geschickt. Das Ergebnis der anschließenden Magnetresonanztherapie: „Da ist nichts kaputt, ein bisschen Ruhe, und alles ist gut“, zitiert der Lüneburger den Orthopäden. Doch eine Zweitmeinung brachte schließlich Licht ins Dunkel und Bjarne Sander in eine Spezialklinik nach Hamburg. Bis zur Operation verging ein halbes Jahr.
Durch Operationen, Reha und Therapie
„Weil ich keinen früheren Termin bekommen konnte, habe ich schon vorher mit der Reha begonnen“, sagt der Lüneburger, „denn ich musste die Muskulatur unbedingt wieder auftrainieren.“ Unter Anleitung des Physiotherapeuten testete er, was ging, konnte bald wieder halbwegs normal laufen und Auto fahren. „Und dann kam die OP.“ Acht Stunden lag er unterm Messer, zehn Tage im Krankenhaus. „Aus dem linken Bein haben sie mir Sehnen geklaut, ebenso aus dem Fuß und diese dann im Knie vernäht.“
Zwei Monate ging er an Krücken, viele zur Therapie. „Das hat mich wieder aufgebaut.“ Bis der zweite Rückschlag kam: „Bei der Nachuntersuchung wurde festgestellt, dass das Innenband nicht richtig saß“, erzählt Sander, „ich wurde erneut operiert.“ Weil kein Körpermaterial mehr an anderer Stelle zu entnehmen war, griffen die Mediziner auf tierische Alternativen zurück und behoben die Probleme. „Ich fing wieder von vorne an.“
In vielen kleinen Schritten, mit den detailliertesten Korrekturen und unter Einsatz von viel Kraft und Energie habe er es letztlich zurück in ein normales Leben und in seinen Sport geschafft, erzählt Bjarne Sander zufrieden. „Während der langen Zeit meiner Verletzung bin ich vom Spieler zum Coach geworden und trainiere mit den Runningbacks und der Offensive Line eine bestimmte Einheit der Angreifer“, sagt der US-Fantast, der erst 2017 mit dem Football begonnen hatte. Mittlerweile stehe er aber auch selbst wieder auf dem Platz – denn dank intensiver Kraftübungen halte das Knie. „American Football ist kein Hobby von mir“, sagt Bjarne Sander, „es ist meine Leidenschaft.“ Und die hätte er ohne die Physiotherapie ad acta legen müssen. Dessen ist er sich sicher. „Mir wurde nicht nur körperlich geholfen – auch seelisch bin ich wieder im Gleichgewicht.“
Nils Tippe
Wenn es nicht so langwierig und schmerzhaft gewesen wäre, würde im Fall von Nils Tippe eine Redewendung kaum passender sein: dumm gelaufen. Gleich zweimal hat sich der ambitionierte Sportler derart gravierend verletzt, dass er nicht nur wiederholt operiert werden musste, sondern zudem monatelang in medizinischer Behandlung verbrachte. Heute ist der 25-Jährige wieder fast komplett geheilt, kann Motorcross fahren und zum Bouldern gehen: „Die Physiotherapie hat dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet.“
Kletterunfall an der indoor-Kletterwand
Es war 2019, als der Zweiradfan seinen ersten schweren Unfall hatte – an der Indoor-Kletterwand und nicht auf der Piste: „Klettern trainiert nicht nur die Griffkraft, sondern auch Körperkontrolle und Körperspannung. Und das ist wichtig für meinen Sport.“ Bei einer seiner Übungseinheiten sei er dann von den künstlichen Griffen gerutscht und auf dem ausgestreckten Arm gelandet. Das war der Beginn eines langen Leidenswegs.
„Ich hatte mir die Speiche gebrochen und die Trizepssehne gerissen. Aber das hat anfangs keiner bemerkt.“ Zunächst wurde er nur am Knochen operiert, startete dann seine Rehabilitation. Der Erfolg blieb aber aus, denn bald stellte sich heraus: „Ich hatte im Arm einfach keine Kraft.“ Eine weitere Untersuchung kam der Ursache auf den Grund: Die Trizepssehne war gerissen. Was folgte, war eine zweite Operation, acht Wochen Gips und Monate der Behandlung mit immer wiederkehrenden Übungen, Lymphdrainagen und „quälenden Tagen“. Doch am Ende mit dem verdienten Erfolg: „Mit Hilfe meines Therapeuten konnte ich meinen steifen Arm wieder in Gang bringen“, erklärt Nils Tippe. Der Neustart gelang: Im Sommer 2020 saß er wieder auf der Maschine – bis er ein Jahr später den nächsten Unfall hatte. Beim Motorcross stürzte er, zwei Brustwirbel waren gebrochen, medizinische Eingriffe aber nicht vonnöten. „Ich bin wieder zur Physio gegangen“, sagt Nils Tippe und grinst, „ich war ja eh schon Dauergast.“
„Mit dem richtigen Training unter der richtigen Anleitung lernst Du Deinen eigenen Körper kennen und verstehst auch, wo die Schwachstellen liegen. Dadurch bist Du in der Lage, Problemen auch ohne Anleitung vorzubeugen und irgendwann wieder alles machen zu können.Nils Tippe
Seinen Körper als Ganzes zu sehen, das sei ihm mittlerweile wichtig geworden, erklärt der 25-Jährige, der zweimal pro Woche an die Geräte und auf die Matte geht: „Sportlich bin ich wieder super dabei“, sagt er, „bin schon ein paar Rennen gefahren und auf einem aufsteigenden Ast.“ Es gehe vorwärts, resümiert er zufrieden, und auch der Arm sei wieder intakt. Auf regelmäßige Übungseinheiten kann er dennoch nicht verzichten, sonst macht der Rücken Probleme.

Doch auch dieses Thema will der Sportler in den Griff bekommen, denn eins hat er auf seinem langen Leidensweg gelernt: „Mit dem richtigen Training unter der richtigen Anleitung lernst Du Deinen eigenen Körper kennen und verstehst auch, wo die Schwachstellen liegen. Dadurch bist Du in der Lage, Problemen auch ohne Anleitung vorzubeugen und irgendwann wieder alles machen zu können.“ Und dafür opfere er gern einen Teil seiner Zeit: „Der Neustart ist es wert.“